Die Schilddrüse steuert alle hormonellen Abläufe im menschlichen Körper und hat somit einen Einfluss auf den gesamten Stoffwechsel. Eine gestörte mütterliche Schilddrüsenfunktion während der ersten Schwangerschaftswochen kann beim Kind zu Problemen während der ersten Lebensjahre und manchmal sogar während des ganzen Lebens führen.

 

Die wichtigsten Schilddrüsenerkrankungen während und unmittelbar nach einer Schwangerschaft sind:

  • die diffuse Schilddrüsenvergrößerung (Kropf oder Struma), meist durch Jodmangel
  • die knotige Schilddrüsenveränderung
  • die Schilddrürsenunterfunktion
  • die Schilddrüsenüberfunktion
  • die Schilddrüsenentzündung nach der Geburt (postpartale Thyreoiditis)

 

 

Jodmangelkropf

In der Schwangerschaft nimmt die Schilddrüse normalerweise an Volumen zu, da der Mutterkuchen Choriongonadotropin (HCG) produziert, das die Produktion der Schilddrüsenhormone stimuliert.

Die Schilddrüsenhormone sind auf eine ausreichende Zufuhr von Jod angewiesen, insbesondere auch während der Schwangerschaft. 

Das auffälligste äußere Anzeichen für Jodmangel ist ein Kropf (Struma), eine Verdickung der Schilddrüse, die sich vergrößert, um so den Jodmangel durch gesteigerte Aktivität auszugleichen.

Durch Einnahme von Jodid-Tabletten, evtl. in Kombination mit Schilddrüsenhormon, kann dies behandelt werden. Beide Präparate sind für das Kind völlig unschädlich.

 

 

Knoten in der Schilddrüse

Wird ein Knoten in der Schilddrüse entdeckt, muss dieser mittels Ultraschall und meistens auch durch eine Punktion genau abgeklärt werden. Diese Untersuchung ist absolut harmlos und kaum schmerzhaft.

Eine Szintigraphie, normalerweise üblich bei der Untersuchung von Schilddrüsenknoten, kann aufgrund der Strahlenbelastung während der Schwangerschaft und der Stillperiode nicht durchgeführt werden. Sie ist eine nuklearmedizinisch Untersuchung, bei der Radionuklide (unstabile Atomkernarten, die radioaktive Strahlung aussenden) in den Körper eingebracht werden.

Die meisten Knoten sind gutartig. Selten jedoch besteht der Verdacht auf eine bösartige Erkrankung der Schilddrüse. Falls unbedingt erforderlich, kann eine Schilddrüsenoperation am ehesten im mittleren Schwangerschaftsdrittel erfolgen. Meist wird erst nach der Entbindung operiert.

 

 

Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)

Hypothyreote Frauen weisen einen äußerst niedrigen Spiegel des Stoffwechselhormons Thyroxin auf. Die typischen Symptome beginnen langsam und schleichend und sind meist uncharakteristisch: Müdigkeit und Leistungsabfall, Appetitlosigkeit, trockene Haut und glanzloses Haar, träge Verdauung, Kältempfindlichkeit und Zyklusstörungen bis hin zum Ausbleiben der Regelblutung.

Deshalb haben Frauen mit einer unerkannten und unbehandelten Unterfunktion häufig Probleme mit ihrer Fruchtbarkeit.

Werden sie dennoch schwanger, besteht ein erhöhtes Risiko, dass ihr Kind an einer Schilddrüsenunterfunktion leiden wird oder dass es sogar zu einer Totgeburt kommt. Diese Risiken können früh erkannt und durch eine individuell genau abgestimmte Behandlung mit Schilddrüsen-Hormontabletten unter Kontrolle gehalten werden. Dabei muss in der Regel die Dosis deutlich (um ca. 50 Prozent) erhöht werden. Wenn diese Therapie früh genug begonnen, richtig dosiert und konsequent durchgeführt wird, besteht keine Gefahr für das Baby.

Bei Frauen, die an einer unbehandelten Hashimoto-Thyreoiditis mit Hypothyreose oder einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse leiden, bestehen ähnliche Risiken wie bei Frauen mit Hypothyreose. Die Behandlungsmethoden sind deshalb gleich.

 

 

Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)

Menschen mit einer Schilddrüsenüberfunktion (durch Morbus Basedow oder ein autonomes Adenom) werden als hyperthyreot bezeichnet. Die Symptome sind gesteigerter Appetit ohne Gewichtszunahme, Nervosität, erhöhter Blutdruck, schneller Pulsschlag, Schweißausbrüche und Herzrhythmusstörungen.

 

Frauen mit einem solchen - unbehandelten - Krankheitsbild werden etwas seltener schwanger. Zwar verbessert sich ihr Zustand nach erfolgter Empfängnis häufig, aber dennoch ist ein sehr sorgfältiger Ausgleich der Hormonstörung für Mutter und Kind extrem wichtig. Der Schwangerschaftsverlauf kann sonst problematisch sein. Fehlgeburten, Frühgeburten, vorzeitige Plazentalösung und Präeklampsie sind bei hyperthyreoten Schwangeren häufiger. Die Kinder haben ein erhöhtes Risiko, mit einer körperlichen Fehlbildung geboren zu werden.

 

Die Hyperthyreose wird mit Medikamenten (Thyreostatika) behandelt, welche die Jodaufnahme und den Einbau des Spurenelements in die Schilddrüse vorübergehend begrenzen. Diese Medikamente sind in der üblichen Dosierung für das ungeborene Kind völlig unschädlich. Im letzten Schwangerschaftsdrittel wird mit hochauflösendem Ultraschall besonders auf Veränderungen der fetalen Schilddrüse (fetale Struma) geachtet.

 

Zur langfristigen Behandlung bzw. wenn hormonproduzierende "heiße" Knoten vorliegen, wird eine Radiojod-Therapie bzw. die operative Entfernung der Knoten empfohlen. Nach einer solchen Strahlentherapie sollten Frauen mit Kinderwunsch etwa ein Jahr warten.

 

Bei etwa einer von 1.000 Frauen kommt es auf einmal während der Schwangerschaft zu einer leichten Schilddrüsenüberfunktion, die behandelt werden muss, der Choriongonadotropin-bedingten Hyperthyreose. Sie heilt fast immer spontan nach der Entbindung aus. Auch eine Hyperthyreose in Zusammenhang mit einer sehr starken Schwangerschaftsübelkeit, der Hyperemesis gravidarum, ist bekannt; sie geht in der Regel bis zur 20. Schwangerschaftswoche vorüber.

 

 

Postpartum-Thyreoiditis

5 bis 9 Prozent aller Frauen bekommen im ersten halben Jahr nach der Geburt eine sogenannte postpartale Thyreoiditis. Da die Erkrankung meist keine Schmerzen verursacht, wird sie auch als "stille Schilddrüsenentzündung" bezeichnet.

Gewöhnlich sind die Schilddrüsenantikörper erhöht. Betroffen sind vor allem Frauen, bei denen während der Schwangerschaft bereits erhöhte Schilddrüsenantikörper festgestellt wurden oder die bereits bei einer vorangegangenen Schwangerschaft erkrankt sind.

Typischerweise besteht zu Krankheitsbeginn eine Überfunktion, die einige Wochen dauert und in eine drei bis neun Monate dauernde Phase der Unterfunktion übergeht. Manchmal kann diese Unterfunktion auch länger bestehen bleiben.

Charakteristische Symptome sind: Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Gereiztheit, Nervosität, Depression.

 

Es können auch andere Erkrankungen die gleichen oder ähnliche Symptome hervorrufen, vor allem die Wochenbettdepression. Bei den entsprechenden Beschwerden muss auf jeden Fall eine genaue Schilddrüsenabklärung durchgeführt werden um - falls erforderlich - eine Behandlung einleiten zu können.

 

Normalerweise funktioniert die Schilddrüse des neugeborenen Babys normal, allerdings kann es auch hier zu einer Überfunktion kommen, wenn die Antikörper, welche die Störung bei der Mutter verursacht haben, durch die Plazenta auf das Kind übergehen. In seltenen Fällen kommt es beim Baby auch zu einer Schilddrüsenunterfunktion, wenn die zur Drosselung der mütterlichen Schilddrüsenfunktion eingenommenen Medikamente über die Plazenta in den Kreislauf des Kindes gelangen.