Zöliakie - Glutenunverträglichkeit

Zöliakie ist eine genetisch determinierte, chronisch entzündliche und dauerhafte Unverträglichkeit gegen das Klebereiweiß Gluten, das in verschiedenen Getreidesorten vorkommt. In Deutschland sind schätzungsweise 0,3-0,7% der Bevölkerung davon betroffen. Allerdings liegt die Dunkelziffer wahrscheinlich weitaus höher, denn viele Betroffene werden lange gar nicht, oder falsch diagnostiziert.

 

Gluten setzt sich aus verschiedenen Eiweißbestandteilen zusammen.Die sogenannten Prolamine sind der Bestandteil, der der Auslöser für Zöliakie ist- allerdings nur bei Personen mit einer bestimmten genetischen Veranlagung. Im Darm werden diese Prolamine bei diesen Personen fälschlicherweise vom Immunsystem als gefährlich eingestuft. Die Folge: das Immunsystem wird aktiviert und es kommt zu einer Entzündung der Dünndarmschleimhaut. Die Entzündung führt zur Zerstörung von Dünndarmarmzotten, die für die Nährstoffaufnahme z.B. von Kohlenhydraten, Vitaminen und Mineralstoffen unbedingt erforderlich sind. Die Versorgung mit Nährstoffen wird somit immer schwieriger und Beschwerden aufgrund von Nährstoffmängeln sind die Folge.

 

Nicht zu verwechseln ist die Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) mit der Glutensensitivität. Letztere ist z.B. nicht mit einer schwerwiegenden Schädigung der Darmschleimhaut assoziiert. Neben Verdauungsbeschwerden kommt es bei  Patienten mit Glutensensitivität zu unspezifischen Symptomen wie Kopfschmerzen und Müdigkeit. Ursachen und Prävalenz der Glutensensitivität sind momentan noch unklar.

 

Ursachen und Prävention

 

Nur Personen mit einer bestimmten genetischen Veranlagung bekommen Zöliakie. Etwa 30-40% aller Menschen sind Träger dieser Gene- aber nur etwa 1-3% der Träger entwickeln tatsächlich eine Zöliakie. Hat man diese Gene allerdings nicht, wird man niemals Zöliakie bekommen, d.h. eine genetische Veranlagung ist ausschlaggebend.  
Dass nicht alle Träger dieser genetischen Veranlagung Zöliakie bekommen bedeutet, dass es noch weitere auslösende Faktoren geben muss. Allerdings hat die Wissenschaft zum jetzigen Zeitpunkt keine klare Antwort darauf, welche Faktoren das genau sind. Sowohl  die frühkindliche Ernährung, d.h. Stillen und die Einführung von Gluten zur Beikost, als auch weitere Umweltfaktoren sind wahrscheinlich an der Entstehung beteiligt. Vor allem in Bezug auf frühkindliche Ernährung konnten neue Studien bestehende Theorien, dass Stillen schützend wirken kann, nicht bestätigen. Auch der Zeitpunkt der Einführung von Gluten scheint flexibler zu sein als lange angenommen. Der Einfluss weiterer Umweltfaktoren- dazu gehören Infektionen, Impfungen und das individuelle Mikriobiom (=die Gesamtheit aller unserer Darmbakterien) ist auch noch unklar.

 

Symptome der Zöliakie

 

Die Symptome können sehr variabel sein, weswegen die Zöliakie häufig lange unentdeckt bleibt. Klassische Beschwerden sind langandauernder Durchfall, Fettstühle, Bauchschmerzen und Blähungen sowie Gedeihstörungen.

 

Gerade bei älteren Kindern oder Erwachsenen können die Symptome aber auch sehr unspezifisch sein, z.B. Hautblässe, neurologische Beshwerden und Zahnschmelzdefekte. Symptome können auch gänzlich ausbleiben, was allerdings nicht bedeutet, dass die Krankheit nicht aktiv ist! Bei allen Betroffenen ist die Dünndarmschleimhaut trotzdem entzündet und Nährstoffe können nicht richtig aufgenommen werden, was zu ernsten Langzeitfolgen wie z.B. Osteoporose (Knochenschwund) führen kann.

 

Anzeichen für eine Zöliakie bei Ihrem Baby/Kind

 

Die Symptome oder Reaktionen sind zahlreich und können je nach betroffenem Kind in unterschiedlicher Zusammenstellung und Anzahl auftreten, wobei nur ein kleinerer Anteil typische Symptome hat. Bei vielen Kindern treten sogar zunächst keine oder atypische Beschwerden auf. Reaktionen auf die Glutenaufnahme können sofort oder erst nach Wochen oder Monaten auftreten.

 

Bei Säuglingen/Kindern:

 

  • gestörtes Wachstum, Minderwuchs
  • unnatürliche Blässe
  • Weinerlichkeit, Reizbarkeit
  • schlechte Zahnentwicklung
  • verstärkte Blähungen, Blähbauch, Bauchschmerzen
  • häufiges Erbrechen oder Durchfälle, aber auch Verstopfung
  • wunder Po
  • die Nahrungsaufnahme wird immer öfter verweigert, das Körpergewicht verringert sich,
  • Eisenmangel (mit und ohne Anämie)
  • chronische Müdigkeit und Schlappheit sind erste Anzeichen einer beginnenden Muskelschwäche
  • zusätzliche Laktoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit) ist möglich, aufgrund der Darmschädigung
  • Neigung zu Knochenbrüchen

 

Bei Erwachsenen/Jugendlichen:

 

  • häufiges Erbrechen oder Durchfälle, aber auch Verstopfung
  • selten: Fettstühle
  • verstärkte Blähungen, Blähbauch, Bauchschmerzen
  • blasser, übel riechender, massiger Stuhl
  • Gewichtsverlust
  • chronische Müdigkeit und Schlappheit, Schwäche
  • Konzentrationsschwäche
  • Eisenmangel (mit und ohne Anämie)
  • Osteoporose
  • Minderwuchs
  • verspätetes Einsetzen der Pubertät
  • Vitamin-Mangelerscheinungen
  • Neigung zu Knochenbrüchen
  • Knochenschmerzen
  • Kopfschmerzen
  • Parästhesien (= nicht schmerzhafte Empfindung wie z.B. Kribbeln in Fingern oder Zehen, „Ameisenlaufen“, Pelzigkeit, Prickeln, Jucken, Schwellungsgefühl oder Kälte- oder Wärmeempfindung, aber auch schmerzhaftes Brennen)
  • zusätzliche Laktoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit) ist möglich, aufgrund der Darmschädigung
  • ungeklärte Erhöhung der Leberwerte
 

Diagnose

 

1. Blutabnahme: Test auf  verschiedene Antikörper im Blut.

 

2. Dünndarmbiopsie: Winzige Proben der Dünndarmschleimhaut werden mikroskopisch auf charakteristische Veränderungen untersucht.  

 

3. Genetische Untersuchung: In bestimmten Fällen, kann eine zusätzliche Bestätigung durch einen Gentest nötig sein.

 

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

 

Eine Heilung der Zöliakie ist momentan nicht möglich. Ein Abklingen bzw. das Ausbleiben der Symptome kann aber bei Einhaltung einer lebenslangen konsequent glutenfreien Ernährung. Selbst Spuren von Gluten, die z.B. beim Kochen in kleinsten Mengen glutenfreie Nahrungsmittel kontaminieren können, müssen gemieden werden, da allein Spuren zu einem erneuten Aufflammen der Immunreaktion führen.

 

Gluten ist nicht nur in Getreideprodukten enthalten, sondern auch in vielen Fertigprodukten wie z.B. Sojasoße, Aufschnitt und Süßigkeiten. Außerdem wird es z.T. in Spielzeug wie Knetmasse und für Kosmetika, Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel verwendet.

 

 

In welchen Getreidearten kommt Gluten vor?

 

In Getreidesorten wie Weizen, Roggen, Triticale (Kreuzung aus Weizen und Roggen), Gerste, Hafer, Grünkern, Emmer, Dinkel und Kamut (oder auch Spelz, Einkorn) und den daraus verarbeiteten Produkten kommt das Klebereiweiß Gluten vor und darf deshalb nicht verzehrt werden.

 

  • Die Zutatenliste gibt Auskunft bei verarbeiteten Lebensmitteln: Nach der EU - Richtlinie 2007/68/EG müssen glutenhaltiges Getreide (Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel, Kamut oder Hybridstämme davon) sowie daraus hergestellte Erzeugnisse auf der Zutatenliste von verpackten Lebensmitteln angegeben werden.
  • Wird eine Zutat (z.B. Glucosesirup oder Aromastoffe) aus einem glutenhaltigen Ausgangsprodukt gewonnen, muss auch dies in der Zutatenliste angegeben werden (z.B. "Glucose (Weizen)")
  • Fragen Sie bei unverpackten, so genannten losen Lebensmitteln nach (z.B. Bäcker, Restaurant, Kantine). Auch hier muss der Anbieter eine Liste mit Allergenen zur Verfügung stellen können.

 Alternative Lebensmittel

 

  • Personen mit einer Zöliakie vertragen häufig Mais, Reis und Wildreis.
  • Die folgenden Getreidesorten werden ebenfalls häufig gut vertragen und können zu Mehl gemahlen werden: Amaranth, Buchweizen (oder Kascha), Hiobstränen (Hato Mugi, Job's tears=Hirseart), Hirse, Quinoa, Fingerhirse, Sorghum, Teff (Zwerghirse).
  • Glutenfreies Mehl wird ebenfalls aus Hülsenfrüchten wie Kichererbsen, Erbsen, Linsen und Soja gewonnen, so wie aus Tapioca (aus der Maniokwurzel hergestelltes Mehl).
  • Brot und Backwaren: Buchweizen-, Amaranth-, Kastanien-/Maronen-, Mais-, Quinoa-, Reis-, Teff-, Hiobstränenmehl.
  • Pfannkuchen, Gebäck: Bananen-, Buchweizen-, Kichererbsen-, Mais-, Sojamehl, Kastanien-/Maronen geröstet oder als Mehl, Yamswurzel.
  • Teigwaren: Sojanudeln, Glasnudeln aus Reis, Buchweizennudeln.
  • Weitere Lebensmittel, die kein Gluten enthalten sind z.B. Obst, Gemüse, Salat, Kartoffeln, Fleisch, Fisch, Milch, Nüsse, Hülsenfrüchte, Butter, Käse.

Diätetische Produkte

 

Für die glutenfreie Ernährung sind immer mehr spezielle glutenfrei hergestellte Lebensmittel erhältlich, entweder direkt bei den Herstellern oder in Reformhäusern und Naturkostläden. Auch immer mehr Supermärkte und Drogerien haben eine Auswahl glutenfreier Lebensmitteln in ihrem Sortiment. Diese speziellen diätetischen Produkte sind als einwandfrei glutenfrei mit dem Warenzeichen der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft e.V. oder mit der Aufschrift "glutenfrei" gekennzeichnet.


Die Nutzung dieser speziellen, wenn auch relativ teuren, Lebensmittel kann eine deutliche Entlastung im Alltag bringen, wenn Sie nicht mehr alles selber herstellen müssen (wie z.B. verschiedene fertige Brotsorten, Nudeln, Kuchen, Kekse). Allerdings enthalten diese Produkte meist auch mehr Kalorien, Fett, Zucker und Salz als herkömmliche Produkte, dafür weniger Nähr-und Ballaststoffe.


Daher sollte eine glutenfreie Ernährung besser aus natürlich glutenfreien Lebensmittel bestehen und die die diätetischen Produkte sollten nur einen kleinen Teil der täglichen Ernährung ausmachen.