Milch ist ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Für Säuglinge ist die Milch das erste Nahrungsmittel, das ihnen wichtige Nährstoffe zur Sättigung und zum Wachstum liefert. Milchzucker (Laktose oder Lactose) kommt sowohl in Muttermilch, als auch in Kuhmilch vor, liefert als wichtigstes Kohlenhydrat die notwendige Energie und fördert zudem die Bildung der Darmflora.

 

In der Lebensmittel-verarbeitenden Industrie wird Milchzucker (gewonnen aus der Molke bei der Käseherstellung) häufig aufgrund sensorischer und technologischer Vorteile eingesetzt und auch als Trägersubstanz für zahlreiche Medikamente verwendet.

 

Während weltweit ca. 90 Prozent der Bevölkerung eine Unverträglichkeit gegenüber Milchzucker haben, leiden zwischen 15 Prozent und 20 Prozent der deutschen bzw. mitteleuropäischen Bevölkerung an einer Laktoseintoleranz bzw. Milchzuckerunverträglichkeit. Dies ist ein relativ hoher Anteil - im Gegensatz zu der eher seltenen Allergie gegen Kuhmilcheiweiß. Menschen, die eine Milchzuckerunverträglichkeit oder eine Galaktosämie haben, müssen Milchzucker je nach Ausmaß der Verträglichkeit meiden.

 

[Hinweis: Bei einer Galaktosämie handelt es sich um eine angeborene Stoffwechselstörung, bei der Galaktose infolge eines Enzymmangels nicht abgebaut werden kann und sich somit im Blut anreichert. Da Laktose aus den beiden Zuckerarten Galaktose und Glukose besteht, muss bei diesem Krankheitsbild auch auf den Verzehr von Laktose verzichtet werden.]

 

 

 

 

Ursachen der Milchzuckerunverträglichkeit

 

Die Laktoseintoleranz ist im Gegensatz zur Milcheiweißallergie keine Allergie, da das Immunsystem hier nicht beteiligt ist (keine Antikörper-Bildung).

 

Die Unverträglichkeit beruht auf einem Mangel oder dem völligen Fehlen des Verdauungsenzyms Laktase, das in der Dünndarmschleimhaut gebildet wird. Dadurch kann der Milchzucker (Zweifachzucker) im Dünndarm nicht ausreichend verdaut werden, d.h. nicht in Galaktose und Glukose (jeweils Einfachzucker) gespalten werden. Größere Mengen gelangen, anstatt durch die Darmwand ins Blut, in den unteren Darmbereich (Dickdarm), der mit Bakterien besiedelt ist. Diese bauen den Milchzucker zwar ab, dabei entstehen aber große Mengen an Gasen und organischen Säuren (Milchsäure, Essigsäure), die das Einströmen von Wasser in den Darmabschnitt fördern und dadurch vermehrt Darmbewegungen mit den unten genannten Beschwerden hervorrufen.

 

In Abhängigkeit davon, wie hoch die Aktivität des Enzyms Laktase noch ist, kann der Schweregrad der Laktoseintoleranz ausfallen. Es ist individuell verschieden, wie viel an Milch bzw. Milchprodukten vertragen wird, in der Regel wird aber die Laktaseaktivität mit zunehmendem Alter geringer.

 

 

Verschiedene Formen der Unverträglichkeit

 

  1. Primäre Laktoseintoleranz

    a) Kongenitaler Laktasemangel:
    Sehr seltene Stoffwechselkrankheit mit angeborenem Laktasemangel. Von Geburt an kann keine Laktase produziert werden. Hier muss von Anfang an eine streng laktosefreie Ernährung erfolgen.

    b) Physiologischer (erworbener) Laktasemangel:
    Die Aktivität der Laktase (Enzym zur Laktosespaltung) vermindert sich in diesem Fall meist nach dem Abstillen erheblich, da durch den geringeren Milchkonsum des Babys nun wesentlich weniger Laktase benötigt wird.
    Die Aktivität verringert sich mit zunehmendem Lebensalter weiterhin kontinuierlich bis keine oder nur wenig Aktivität vorhanden ist. Normalerweise ist die Aktivität bei den meisten Menschen in den nördlichen Bereichen der Erde bis ins hohe Alter ausreichend. In einigen Regionen der Welt haben aber schon kleine Kinder und Jugendliche eine deutlich geringere oder keine Aktivität (z.B. Asien) mehr.
    Diese Form des Laktasemangels ist weltweit am häufigsten verbreitet.

  2. Sekundäre Laktoseintoleranz

    Die Aktivität der Laktase ist aufgrund einer anderen Erkrankung (z.B. Zöliakie, Morbus Crohn, Infektion im Magen-Darm-Bereich) als Folge einer Schleimhautschädigung im Dünndarm vermindert. Nach Regeneration der Schleimhaut normalisiert sich die Produktion des Enzyms Laktase und somit deren Aktivität wieder. Die Laktosezufuhr ist wieder möglich. Der Heilungsprozess kann unter Umständen über Jahre dauern und eine laktosearme/-freie Kost erforderlich machen. Diese Form kann in jedem Alter auftreten.

 

Beim Säugling ist Laktoseintoleranz sehr selten und hat tritt meist als nur vorübergehende Enzymschwäche nach einer Schleimhautschädigung (z.B. bei einer Durchfallerkrankung) auf.

 

 

 

Typische Symptome einer Milchzuckerunverträglichkeit

 

  • Bauchschmerzen
  • Völlegefühl
  • Blähungen
  • Darmkrämpfe, Koliken
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Durchfall

 

 

 

Diagnose

 

Bei Verdacht auf Laktoseintoleranz sind zunächst die Beschwerden Ihres Kindes sowie die Krankengeschichte von Bedeutung. Führen Sie am besten ein Ernährungs- und Symptomtagebuch (Protokollierung aller verzehrter Lebensmittel und möglicherweise aufgetretener Symptome nach dem Verzehr), damit ersichtlich wird, auf welche Lebensmittel und Mengen das Kind empfindlich reagiert.

 

Um den Verdacht abzusichern, wird in der Regel der "Wasserstoff (H2) - Atemtest" als Standardtest durchgeführt. Dafür werden 50g Milchzucker in 500ml Wasser gelöst und auf nüchternen Magen getrunken. Anschließend werden in halbstündigen Abständen über zwei Stunden Atemproben genommen.
Bei einer bestehenden Intoleranz wird die Laktose durch die Dickdarmbakterien abgebaut, der dabei entstehende Wasserstoff (H2) über die Blutbahn zur Lunge transportiert und dort abgeatmet. Wird der Anstieg des Wasserstoffgehaltes in der Atemluft nachgewiesen werden, gilt die Diagnose als gesichert.

 

 

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

 

Die Therapie einer Milchzuckerunverträglichkeit besteht darin, dass je nach Schweregrad eine mehr oder weniger strenge Ernährungsweise eingehalten werden muss, d.h. vom Verzehr gewisser Mengen an laktosehaltigen Lebensmitteln bis hin zum völligen Verzicht von Milch und Milchprodukten.

 

Es gibt auch Hinweise darauf, dass die Beschwerden geringer sind, wenn die laktosehaltigen Lebensmittel innerhalb einer Mahlzeit und nicht separat als Zwischenmahlzeit verzehrt werden. Generell sollte auf eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung geachtet werden, da sonst eine Unterversorgung mit beispielsweise Calcium (verschlechtertes Wachstum der Knochen, schlechtere Zähne, spätere Osteoporosegefahr etc.) und anderen Nährstoffen auftreten kann. Bei Lakto-Vegetariern muss z.B. auf eine alternative Eiweißquelle hingewiesen werden, da Milch- und Milchprodukte häufig der wichtigste Eiweißlieferant darstellen. Jeder Betroffene muss selbst austesten, welche Mengen an Milchzucker vertragen werden, d.h. Beschwerdefreiheit bietet.

 

In vielen Fällen wird eine kleine Menge von bis zu ca. 1g pro Tag an Milchzucker toleriert (z.B. 50g Sahneeis, 30g Frischkäse), bei einer nur leichten Ausprägung sogar noch bis zu 10g täglich (z.B. 200 ml Kuhmilch, 1 Joghurt).

 

 

 

In welchen Lebensmitteln ist Milchzucker zu finden?

 

Außer in Milch und Milchprodukten, kommt Milchzucker versteckt in vielen verarbeiteten Lebensmitteln, auch in Form von Aromen oder Stabilisatoren vor, wie z.B. Babyfertignahrung, Backwaren, Bonbons, Brot oder Brötchen, Brotaufstriche, Cremes, diätetische oder "light" Produkte, Fertiggerichte, Fischkonserven, Fruchtjoghurts, Frühstücksflocken, Gebäck, Gemüsekonserven, Gewürzmischungen, Gnocchi, Kekse, Knabbergebäck, Kuchen, Malzbier, Margarine, Mayonnaise, Molkereiprodukte, Müsli, Nudeln, Pesto, Pizza, Pudding, Pralinen, Salatdressing, Süßspeisen, Süßigkeiten Schokolade, Teigwaren, Trockensuppen, Weizenkeimöl, Wurstwaren (z.B. Kochschinken), Verdickungsmittel.

 

 

 

 
  • Begriffe, die auf die Verwendung von Kuhmilch hinweisen sind: Laktose, Magermilchpulver, Milchzucker, Milchpulver, Molkepulver, Molkenerzeugnisse, Trockenmilch, Vollmilch(-pulver)
  • Die Zutatenliste gibt Auskunft bei verarbeiteten Lebensmitteln.
    Nach der EU - Richtlinie 2007/68/EG müssen Milch und Milcherzeugnisse (einschließlich Laktose) auf der Zutatenliste von verpackten Lebensmitteln angegeben werden, auch wenn sie nur als Trägersubstanz in Gewürzen und Aromen eingesetzt wird.
  • Wie empfehlen bei unverpackter, so genannter loser Ware nachzufragen (z.B. Bäcker, Metzger, Restaurant, Kantine, Kiosk, Eisdiele), welche Produkte sicher laktose-/milchzuckerfrei sind, denn hier besteht noch keine Kennzeichnungspflicht.
  • Prüfen Sie selbst die Beipackzettel von Medikamenten bzw. fragen Sie Ihren Apotheker, ob die Präparate/Medikamente, die Ihr Kind evtl. einnehmen muss, lactosefrei sind.
  • Klären Sie mit Ihrem behandelnden Kinder- und Jugendarzt ab, ob es sinnvoll ist, Laktase in bestimmten Situationen (z.B. Urlaub, Einladung, Restaurantbesuch) als Medikament (z.B. Laktase-Kautablette) vor oder zu einer Mahlzeit einzunehmen.
  • Lassen Sie sich, insbesondere nach Diagnosestellung intensiv von Ihrem Kinderarzt und einer Ernährungsberaterin beraten, da in vielen Lebensmitteln unerwartet Laktose zu finden ist.

 

 

 

Ernährung des Säuglings bei Milchzuckerunverträglichkeit

 

Wurde eindeutig eine Laktoseintoleranz diagnostiziert, muss schon beim Neugeborenen auf Muttermilch und alle Säuglingsmilchnahrungen auf Kuhmilchbasis verzichtet werden.

 

Nach Rücksprache mit Ihrem Kinder- und Jugendarzt muss dann bei einer bestätigten Unverträglichkeit die kuhmilchhaltige Säuglingsmilchnahrung durch kuhmilchfreie Hydrolysat- bzw. Elementarnahrung ersetzt werden (nur in der Apotheke erhältlich).

 

Teilhydrolysierte Nahrungen (sog. hypoallergene "HA-Nahrung") oder Säuglingsmilchnahrung auf Sojabasis sollten nicht gegeben werden.

 

Mandel- oder Kokosmilch, Reis- oder Haferdrinks sind kein Ersatz für die notwendigen Spezialnahrungen bei Säuglingen. Bei älteren Kindern können sie als Flüssigkeitsersatz für Kuhmilch bei der Lebensmittelzubereitung verwendet werden. Eine Anreicherung mit Calcium ist hier von Vorteil.

 

Alle Sorten von Trinkmilch und daraus hergestellte Zubereitungen (z.B. Milchmischgetränke) dürfen nicht getrunken werden.

 

 

Was verträgt Ihr Kind bei einer Milchzuckerunverträglichkeit?

 

Generell sollte möglichst alles aus einzelnen frischen Zutaten selbst zubereitet werden, da Fertigprodukten oft Laktose zugesetzt wird. Verschiedene Lebensmittel müssen oder können aber auch gekauft werden.
Milch von Kuh, Ziege, Schaf, Stute wird in der Regel nicht vertragen.
Die Verträglichkeit von Sauermilchprodukten wie Joghurt, Dickmilch, Quark und Buttermilch, ist bei einigen Betroffenen deutlich besser. Diese Produkte können deshalb oft in bestimmten Mengen über den Tag verteilt verzehrt werden.
Da Schnittkäse und insbesondere Hartkäsesorten wenig Milchzucker enthalten, ist hier die Bekömmlichkeit sehr hoch, was sich zusätzlich positiv auf die Calciumversorgung auswirkt. Wichtig ist es, dies mit Ihrem Kinder- und Jugendarzt zu besprechen.

 

 

 

Alternative Lebensmittel

 

  • Laktosefreie Milch
  • Geeignete milchzuckerfreie Brotsorten und andere Ersatzlebensmittel sind im Naturkostladen, in Reformhäusern, im Naturkostversand oder auch in manchen Drogerien und Supermärkten (z.B. als „laktosefrei“ gekennzeichnete Milch und Milchprodukte) erhältlich.
  • Zu empfehlen sind milchfreie Margarine als Aufstrich und pflanzliche Öle zum Braten, Dünsten.
  • Milchzuckerfreier vegetarischer Aufstrich, Nussmus, kalter Braten, Roastbeef, magerer Schinken, Gemüse und Obst kann als Brotauflage sehr schmackhaft sein.
  • Verwenden Sie Milchersatznahrung pur oder für die Herstellung von Kakao (milchfrei), Kartoffelpüree, Aufläufe, Soßen, Pudding.
  • Mischen Sie selbst ein Müsli und verwenden Sie Obstsaft oder Sojamilch, da fertige Müslis Milchbestandteile und somit Milchzucker z.B. in Form von Schokolade enthalten können.
  • Soja-, Reis-, Hafer-, Kokos- oder Mandelmilch können anstelle von Kuhmilchprodukten zum Backen verwendet werden. Mineralwasser mit Kohlensäure kann für Rührteig verwendet werden.
  • Alternativ können auch Ersatzprodukte aus Soja, Kokosmilch, Mandelmilch, Hafermilch, Reismilch verwendet werden- jedoch nicht im Säuglingsalter.
  • Paniermehl sollte selbst aus milchfreiem Brot hergestellt werden.
  • Soßen und Suppen können mit Stärkemehl oder mit Soja-, Hafercremes (Sahneersatz) angedickt werden.

 

 

An wen können Sie sich wenden?

 

Unterstützung erhalten Sie von Haus- und Kinderärzten und von Ernährungsberatern/innen. Auch verschiedene Organisationen und Verbände geben hilfreiche Tipps und Informationen. Weiterhin gibt es entsprechende Fachliteratur, Kochbücher und Rezepte in Buchhandlungen oder übers Internet zu bestellen.