Dezember 2007

Ein Lichtlein brennt - und noch viel mehr...

Die Stiftung Kindergesundheit gibt Sicherheitstipps zur Vorbeugung und Behandlung von Verbrennungen.

Millionen von Kerzen werden in den nächsten Wochen in unseren Wohnungen abgebrannt. Jede von ihnen ist ein Zeichen festlicher Freude und sorgt für eine stimmungsvolle Atmosphäre.

Wenn eine Kerze brennt, sind besonders Kinder Feuer und Flamme: Für sie ist die Faszination des flackernden Lichts größer als die von Weihnachtsliedern und Besinnlichkeit. Beim schimmernden Lichterglanz vergisst man leider leicht, dass es sich dabei gleichzeitig um ein offenes Feuer handelt, oft in unmittelbarer Nähe von leicht entzündlichem Material. Jede Kerzenflamme stellt mit ihren Temperaturen von über 1.000 Grad Celsius eine nicht zu unterschätzende Gefahr das, warnt die Stiftung Kindergesundheit.

 

Unfälle im Kindesalter sind in Deutschland mittlerweile das größte Risiko für die Gesundheit von Kindern. Es werden jährlich rund 1,6 Millionen Kinder bei Unfällen so schwer verletzt, dass sie einen Arzt aufsuchen müssen. Das höchste Risiko besteht für Säuglinge und kleine Kinder sowie für Jungen nach dem zweiten Lebensjahr. Heute sterben bei uns mehr Kinder nach dem ersten Lebensjahr an den Folgen eines Unfalls als an Infektionskrankheiten und Krebs zusammen.

"Unfälle mit Feuer, Flammen und Rauch sowie Verbrühungen mit heißen Flüssigkeiten haben zwar mit jährlich etwa 7.000 Klinikaufenthalten nur einen relativ kleinen Anteil am gesamten Unfallgeschehen, sind jedoch wegen ihrer gravierenden Folgen oft besonders verhängnisvoll", betont Kinder- und Jugendarzt Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. "Deshalb ist es besonders wichtig, dass alle Kinder frühzeitig lernen: Mit Feuer spielt man nicht, denn Feuer ist gefährlich".

 

 

Niemals allein mit einer Kerze!

Kinder sollten Kerzen nur anzünden dürfen, wenn Erwachsene dabei sind. Damit diese Empfehlung auch eingehalten wird, sollte man Kinder niemals mit brennenden Kerzen allein lassen. Aber auch die Kerzen selbst sollten nie unbeobachtet bleiben: Schon eine leichte Zugluft kann genügen, um Adventskranz, Gardinen, Tapeten oder Möbel in Flammen aufgehen zu lassen.

Die Stiftung Kindergesundheit macht in ihrer aktuellen Stellungnahme auf weitere wichtige Regeln beim Umgang mit Kerzenfeuer im Advent und zu Weihnachten aufmerksam:

  • Nehmen Sie sich viel Zeit, um Ihrem Kind den richtigen Umgang mit Feuer zu erklären.
  • Hängen Sie einen Adventskranz nicht in die Nähe leicht brennbarer Gegenstände, wie Vorhänge oder Möbel und auch nicht dicht unter die Zimmerdecke.
  • Stellen Sie die Kerzen nur in intakten Metallhaltern auf. Achten sie dabei auf ausreichenden Abstand zu Ästen und brennbarem Adventschmuck.
  • Steigen Sie beim Anzünden der Kerzen nicht auf Stühle oder Tische.
  • Lassen Sie die Kinder (und auch Haustiere!) nicht aus den Augen, wenn Kerzen brennen.
  • Adventskranz oder Weihnachtsbaum mit brennenden Kerzen sollten Sie auf keinen Fall auch nur für kürzeste Zeit unbeaufsichtigt lassen. Löschen Sie die Kerzen immer beim Verlassen des Zimmers.
  • Kaufen Sie den Christbaum erst kurz vor Weihnachten, damit er noch relativ frisch ist und lassen Sie ihn möglichst lange im Freien. Das verzögert das Austrocknen.
  • Ein Feuerlöscher, ein Wassereimer oder ein Eimer mit Sand sollte für den Notfall stets griffbereit stehen. Denken Sie daran: Trockene Christbäume können schlagartig in Flammen stehen, es bleibt dann keine Zeit mehr, Wasser zu holen.
  • Der Weihnachtsbaum darf Fluchtwege (Türe und Fenster) nicht versperren.

 

Und wenn doch etwas passiert

Kommt es trotz aller Vorsicht zu einem Unfall, muss jede Brandwunde möglichst sofort unter fließendem kaltem Wasser gekühlt werden. Bitte kein Eiswasser, sondern normales Wasser aus der Wasserleitung: Die Anwendung von eiskaltem Wasser wird wegen der Gefahr von Unterkühlung und einer Verzögerung der Wundheilung nicht mehr empfohlen.

Die Kühlung ist selbst fünf bis zehn Minuten nach dem Verbrennungsereignis noch nützlich und Schmerz lindernd. Sie verhindert eine Ausdehnung der Verbrennung auf tiefere Schichten (in denen immer noch Hitze sitzt). Außerdem wird der Schmerz betäubt und die Gefahr späterer Komplikationen vermindert. Die Kühlung sollte zehn bis 15 Minuten andauern, bei kleineren Verbrennungen solange, bis der Schmerz nachlässt. Die Kaltwasserbehandlung kann auch mit nasskalten Umschlägen vorgesetzt werden.

So handeln Sie richtig bei kleineren Verbrennungen oder bei Verbrühungen mit heißen Flüssigkeiten:

  • Bei Verbrühung: Kleider sofort entfernen (sie speichern die Hitze).
  • Bei Verbrennung: Kleider nur entfernen, wenn sie nicht haften.
  • Kleine Verbrennungen geringen Grades (ohne Blasenbildung) an der Luft heilen lassen und nicht mit einem Pflaster oder Verband abdecken. Keine Hausmittel wie Salben, Puder, Öle oder Desinfektionsmittel anwenden!

 

Wichtig: Hat sich das Kind eine Verbrennung zugezogen, die größer ist als sein Handteller, muss es ärztlich behandelt werden. Sind bei Kindern unter vier Jahren mehr als acht Prozent der Hautfläche verbrannt (bei Kindern über vier Jahren: mehr als zehn Prozent), muss das Kind in einem Krankenhaus behandelt werden. Das gilt übrigens auch für alle Verbrennungen der Hände oder Füße und auch für Verbrennungen über Gelenken, im Gesicht und an den Genitalien. Zur Berechnung: Die Handfläche inklusive Finger des Kindes entspricht etwa einem Prozent seiner Körperoberfläche.

 

Je jünger das Kind, umso eher gehört es bei einem Brandunfall ins Krankenhaus. Für den Transport in die Klinik genügt es, das verletzte Kind mit sauberen Küchentüchern oder gekochter Wäsche einzupacken. Mit dem Ausziehen sollte man keine Zeit verlieren.

 

Kinder, die einen Verbrennungs- oder Verbrühungsunfall erlitten haben, benötigen intensive schmerzstillende Maßnahmen, um lang dauernde psychische Spätfolgen des traumatischen Erlebnisses möglichst zu verhindern. Das wird jedoch häufig vernachlässigt: Da die Verbrennung einen extremen Stress darstellt, sind die Kinder häufig still, in sich zurückgezogen und verschüchtert und äußern wenig Schmerzen. Die Intensität ihrer Schmerzen wird deshalb auch von Ärzten oft unterschätzt. So ergab eine Untersuchung, dass Kleinkinder mit Verbrennungen nur zu 50 Prozent überhaupt eine Betäubung erhielten, während es bei Schulkindern immerhin 75 Prozent waren.

 

 

Nicht aus heiterem Himmel

Die Gefahr von Verbrennungen für Kinder ist allerdings ungerecht verteilt, betont die Stiftung Kindergesundheit:

Bei den Unfällen spielen auch die sozioökonomischen Risikofaktoren eine wichtige Rolle. So ermittelten britische Wissenschaftler in einer viel zitierten Studie, dass Kinder von Eltern mit dem niedrigsten beruflichen Status ein 16-mal größeres Risiko hatten, an einem Wohnungsbrand zu sterben.

Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit: „Auch bei uns haben Kinder sozial benachteiligter Bevölkerungsschichten, Kinder aus Migrantenfamilien, Kinder, die in beengten Wohnverhältnissen oder in kinderreichen Familien leben, aber auch Kinder allein erziehender Eltern ein erhöhtes Risiko, durch Feuer Schaden zu erleiden. Auch ein geringer Bildungsgrad der Eltern, Drogen- und Alkoholkonsum und Arbeitslosigkeit erhöhen die Gefahr für Verbrennungsunfälle“.

Die meisten Unfälle sind keine Zufälle, unterstreicht Professor Koletzko mit Nachdruck: „Sie ereignen sich keineswegs aus heiterem Himmel, sondern entstehen oft aus zunächst harmlos erscheinenden Situationen. Viele Unfälle lassen sich durch umsichtige Kontrolle und Überwachung der Kinder, durch liebevolle Erziehung und Aufklärung und durch die vorausschauende Gestaltung einer kindgerechten Umwelt verhindern oder zumindest in ihren Folgen mildern“.

Ausführliche Informationen zum Thema Brandunfälle bietet im Internet die "Elterninitiative brandverletzte Kinder" auf der Seite http://www.paulinchen.de/. Über den Umgang mit Kerzen informiert der Verband Deutscher Kerzenhersteller unter: http://www.kerzenverband.de/.

 

 

Wie schwer ist die Verbrennung?

Verbrennungen ersten Grades betreffen nur die obersten Hautschichten. Die Haut ist gerötet, schmerzhaft, berührungsempfindlich oder geschwollen. Es gibt keine Blasen.

Verbrennungen zweiten Grades erfassen auch tiefere Hautschichten. Es kommt zur Blasenbildung und einer Verschorfung der Oberfläche.

Bei Verbrennungen dritten Grades ist die Wundfläche weißgrau oder mit einem bräunlichschwarzen Verbrennungsschorf überzogen. Manche Hautstellen sind regelrecht verkohlt. Notruf!