Wie bereits erwähnt, ist der Bedarf aller Mikronährstoffe (Vitamine und Mineralien) bei werdenden und stillenden Müttern erhöht. Durch eine gesunde und ausgewogene Ernährung  während Schwangerschaft und Stillzeit ist es möglich, den Bedarf der meisten Nährstoffe zu decken. Einige Ausnahmen bilden die im Folgenden aufgelisteten Stoffe, die bei vielen Frauen „zu kurz kommen“ und weniger bekannt als Folsäure sind.

 

Jod

Jod ist Bestandteil von Schilddrüsenhormonen, die eine essentielle Rolle im Energiestoffwechsel und Zellwachstum spielen und somit lebensnotwendig sind.

 

Zu Beginn der Schwangerschaft bekommt das Kind Schilddrüsenhormone über die Nabelschnur.  Ab dem Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels produziert die kindliche Schilddrüse selbst Hormone und nutzt dafür das Jod, das es über die Nabelschnur von der Mutter bekommt. Außerdem benötigt die Mutter selbst mehr Jod für ihren gesteigerten Grundumsatz und um eine höhere Ausscheidung von Jod über die Nieren zu kompensieren.

 

Während der Stillzeit ist der Bedarf ebenfalls erhöht, um normale Stoffwechselvorgänge aufrecht zu erhalten und die Versorgung des Säuglings über die Muttermilch zu gewährleisten. Deshalb ist es für ein normales Wachstum Ihres Babys wichtig, dass Sie mit Ihrer Ernährung dem gesteigerten Jodbedarf in Schwangerschaft und Stillzeit gerecht werden.

 

Ein Jodmangel kann sich negativ auf die geistigen Fähigkeiten, den Stoffwechsel und das Wachstum auswirken, Hör- und Sprachstörungen nach sich ziehen und zu Fehl- und Frühgeburten führen.

 

Dank der flächendeckenden Verbreitung von Jodsalz leiden heute weniger Frauen in Deutschland unter einem Jodmangel als früher. Dennoch ist die Versorgung mit Jod nicht optimal. Besonders wenn nicht-jodiertes Speisesalz verwendet wird, werden die täglich benötigten 200 µg von der deutschen Bevölkerung nicht erreicht. Da der Bedarf in der Schwangerschaft auf 230 µg und während der Stillzeit sogar auf 260 µg pro Tag steigt, wird Schwangeren und Stillenden empfohlen, zusätzlich zu einer jodreichen Ernährung täglich 100 – 150 µg Jod(id) aufzunehmen.

 

Wie bei einer Supplementierung (zusätzliche Einnahme) mit Folsäure sollte auch die Einnahme von Jod bereits einen Monat vor Beginn der Schwangerschaft erhöht werden, da es für wichtige Prozesse zu Beginn der Schwangerschaft benötigt wird.
Übrigens: Jod ist auch (schon) für die Fruchtbarkeit und Befruchtung der Eizelle wichtig.

 

Jodreiche Lebensmittel sind neben Jodsalz und Lebensmitteln, in denen jodiertes Speisesalz als Zutat verwendet wurde (Brot, Wurstwaren), vor allem Seefisch. Auch Milchprodukte, Eier und bestimmte Gemüsearten (Champignons, Brokkoli, Spinat) sowie Kürbiskerne und Erdnüsse enthalten geringe Mengen an Jod.

 

Liegen bei Ihnen Schilddrüsenerkrankungen vor, sollten Sie Ihre Jodzufuhr mit einem Arzt/einer Ärztin besprechen.

 

Eisen

Eisen ist wichtig für die Blutbildung und die Versorgung des Babys mit Sauerstoff.

Ein Eisenmangel kann das Nervensystem des Babys beeinträchtigen und zu Fehlbildungen und Schwangerschaftskomplikationen führen.

 

Der Eisenbedarf der Mutter steigt in der Schwangerschaft nicht nur an, weil der Fötus versorgt werden muss, sondern auch weil sich das Blutvolumen der Mutter vergrößert. So ist der Eisenbedarf  bei schwangeren Frauen mit 30 mg/Tag doppelt so hoch wie bei nicht-schwangeren. Obwohl während der Schwangerschaft der Blutverlust während der Periode entfällt und das Eisen im Darm besser aufgenommen wird, ist es für Sie wichtig, bewusst auf eisenhaltige Lebensmittel in Ihrer Ernährung zu achten.

 

Gute Eisenlieferanten sind Fleisch, Fisch, Eigelb, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und grünes Gemüse. Tierische Eisenquellen enthalten  zweiwertiges Eisen, das vom Körper besser aufgenommen werden kann, als das in pflanzlichen Lebensmitteln enthaltene dreiwertige Eisen, das im Körper zunächst zu zweiwertigem Eisen umgewandelt werden muss. An dieser Umwandlung ist Vitamin C beteiligt, weshalb die Eisenaufnahme aus pflanzlichen Eisenquellen durch die gleichzeitige Aufnahme von Vitamin C verbessert werden kann.

 

Im Gegensatz zu Folsäure und Jod wird Schwangeren nicht generell empfohlen, zusätzliches Eisen in Form von Tabletten aufzunehmen. Bei Frauen mit einer ausreichenden Eisenversorgung kann zusätzliches Eisen sogar negative Folgen haben.

 

Die Gabe von Eisensupplementen (Eisentabletten) sollte deshalb nur nach einer Blutuntersuchung und einem ausführlichen Gespräch mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin erfolgen.

 

Kalzium

Für den Aufbau des kindlichen Skeletts und für die Zähne wird Kalzium benötigt. Jedoch gibt es, im Gegensatz zu den anderen Mikronährstoffen, keinen Unterschied zwischen den empfohlenen Aufnahmemengen für schwangere Frauen und nicht-schwangere Frauen. Das liegt daran, dass durch Hormone, die in der Schwangerschaft ausgeschüttet werden, der Körper das Kalzium aus der Nahrung besser aufnehmen kann und weniger als üblich über die Nieren ausscheidet.

 

Ist die Kalziumaufnahme zu gering, wird im Knochen gespeichertes Kalzium abgebaut, um dem erhöhten Bedarf gerecht zu werden. Dadurch hat die Mutter ein erhöhtes Risiko für Osteoporose (Knochenschwund), wenn die Kalziumaufnahme über einen längeren Zeitraum zu niedrig ist.

 

Ihren Kalziumbedarf  können Sie über Milch und Milchprodukte sowie durch calciumreiches Mineralwasser decken. Frauen,  die keine Milch mögen, verordnet der Arzt / die Ärztin möglicherweise Kalzium-Tabletten.

 

Auch sehr junge, schwangere Frauen haben einen höheren Kalziumbedarf, da sie sich selbst noch im Wachstum befinden und der Aufbau der eigenen Knochendichte reichlich Kalzium erfordert. Für Mädchen unter 19 Jahren ist die Empfehlung der täglichen Kalziumzufuhr deshalb 1200 mg pro Tag (anstatt 1000 mg pro Tag bei Frauen über 19 Jahren).

 

Vitamin B12

Eine ausreichende Vitamin B12-Zufuhr ist wichtig für die Blutproduktion, die Entwicklung von Gehirn und Nervensystem sowie den Folatstoffwechsel. Wie auch beim Folat ist eine gute Vitamin B12-Versorgung schon vor der Schwangerschaft wichtig.

 

Auch in der Stillzeit entwickeln sich Gehirn und Nervensystem Ihres Kindes mit einer hohen Geschwindigkeit weiter, weshalb der täglich Bedarf an Vitamin B12 in der Stillzeit mit 4 µg pro Tag sogar noch höher ist, als während der Schwangerschaft (3,5 µg pro Tag).

 

Vitamin B12 findet sich ausschließlich in tierischen Lebensmitteln. Größere Mengen befinden sich in Fleisch und Fisch, wohingegen Eier, Milch und Milchprodukte nur kleine Mengen an Vitamin B12 enthalten. Leber ist ein sehr guter Vitamin B12-Lieferant, sollte aber im ersten Schwangerschaftsdrittel gemieden werden.

 

Bei einem Vitamin B12-Mangel können teils schwere Entwicklungsstörungen des Kindes auftreten, weshalb Veganerinnen generell eine künstliche Zufuhr von Vitamin B12 geraten wird. Vegetarierinnen können ihren Vitamin B12-Status bestimmen lassen und leichte Defizite über eine Einnahme von Vitamin B12-Präparate ausgleichen.

 

Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin darüber, ob eine Supplementierung in Ihrem Fall sinnvoll ist.

 

Vitamin D

Die Vitamin D-Versorgung während der Schwangerschaft wirkt sich auf das kindliche Immunsystem, seinen Hormonhaushalt und den Knochenaufbau aus.

 

Vitamin D wird nicht nur über die Nahrung aufgenommen, sondern auch vom Körper selbst gebildet, wenn Sie sich in der Sonne aufhalten und die Sonnenstrahlen direkt auf die Haut treffen.
Etwa 90% des Vitamin-D-Bedarfs müssen durch die Sonne gedeckt werden, Lebensmittel liefern nur etwa 10% des Bedarfs. In den Sommermonaten kann es für helle Hauttypen deshalb ausreichend sein, zehn Minuten ohne Sonnencreme  die Mittagssonne zu genießen. Allerdings muss immer beachtet werden, dass ein längeres Sonnenbad ohne Sonnencreme das Hautkrebsrisiko erhöht. Im Frühjahr und Herbst muss man sich für die gleiche Menge an produziertem Vitamin D deutlich länger in der Sonne aufhalten.

 

Die körpereigene Produktion ist bei Frauen mit dunklerem Hauttyp, verhüllten Frauen sowie im Winter begrenzt. Da Vitamin D im Körper gespeichert werden kann, können wir im Winter teilweise von den im Sommer angelegten Vitamin D-Speichern zehren.

 

Vitamin D-reiche Nahrungsmittel sind fetter Fisch (z.B. Hering), Leber und Eigelb. Auch Butter und andere Milchprodukte oder mit Vitamin D angereicherte Margarine enthalten Vitamin D. Eine pflanzliche Quelle sind Pilze, die in der Sonne getrocknet wurden oder gewachsen sind. Die meisten Pilze auf dem Markt sind jedoch nicht im Sonnenlicht gewachsen, können jedoch auch nach der Ernte noch Vitamin D anreichern, wenn Sie sie zum Trocknen in die Sonne legen.

 

Eine generelle Empfehlung zur Supplementierung (zusätzlicher Aufnahme) von Vitamin D gibt es momentan nicht, da möglicherweise negative Effekte von hohen Dosen bisher nicht ausreichend erforscht sind. Stattdessen gilt die Empfehlung sich regelmäßig im Freien zu bewegen bzw. aufzuhalten und sich generell gesund zu ernähren.

 

Ihr Frauenarzt/Ihre Frauenärztin kann Sie individuell beraten und bei einer Empfehlung auf einen besonderen Bedarf, zum Beispiel bei Frauen mit diagnostiziertem Schwangerschaftsdiabetes oder bei Übergewicht, eingehen.

 

Muttermilch hat unabhängig vom Vitamin D-Status der Mutter einen sehr geringen Vitamin D-Gehalt. Außerdem sollen Säuglinge nicht direkt der Sonne ausgesetzt werden, da der hauteigene Schutzmechanismus gegen schädliche UV-Strahlen noch nicht ausgebildet ist. Deshalb erhalten Säuglinge Vitamin D-Tabletten, die unter anderem dazu beitragen, Rachitis (gestörtes Knochenwachstum) zu vermeiden.

 

Der Solariumbesuch ist übrigens keine empfehlenswerte Alternative zur Vitamin D-Bildung, da viele Solarien zum einen nicht die für die Produktion von Vitamin D nötigen UV-B Strahlen bilden und zum anderen, da der Solariumbesuch gesundheitliche Risiken, z.B. ein erhöhtes Hautkrebsrisiko, birgt.

 

Vitamin A

Viele Schwangere sind verunsichert, was die Aufnahme von Vitamin A betrifft.

Zwar ist Vitamin A für das Wachstum von Zellen und somit für Ihr Baby nötig, jedoch werden werdende Mütter vor zu hohen Dosen an Vitamin A gewarnt.

 

Verwirrung herrscht auch bezüglich der verschiedenen Formen von Vitamin A. Vitamin A hat viele Namen, da es in vielen verschiedenen Formen vorkommt. Die im Körper wirksame Form ist das Retinol. In tierischen Produkten liegt Retinol in Verbindung mit anderen Stoffen vor, diese werden als „Retinylester“  bezeichnet.

 

Karotten, Süßkartoffeln, Kürbis, Grünkohl und weitere Obst- und Gemüsesorten enthalten ß-Carotin. Dieses wird im Darm zu Retinol umgewandelt.

 

Der Körper kann die verschiedenen Formen von Vitamin A nicht alle gleich gut verwerten.

Zum Beispiel werden 6 mg ß-Carotin aus Gemüse im Körper zu 1 mg Retinol umgewandelt, wohingegen 2 mg Retinylester aus tierischen Produkten reichen, um im Körper in 1 mg Retinol umgewandelt zu werden.

Um die in Nahrungsmitteln und in Medikamenten enthaltenen Mengen besser vergleichen zu können, werden Retinol-Äquivalente benutzt.

 

Für noch mehr Verwirrung sorgen die die verschiedenen Mengenangaben. Oft wird anstatt Gramm (g) bzw. Milli- (mg) oder Mikrogramm (µg oder mcg) von „IE“ gesprochen. IE steht für „Internationale Einheit“ und entspricht einer Menge von 0,3 µg Retinol.

 

Gesunden erwachsenen Frauen zwischen 19 und 51 Jahren empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) eine Zufuhr von 0,8 mg Vitamin A empfohlen. Das entspricht ca. 2700 IE pro Tag. Schwangeren ab dem vierten Monat wird eine Zufuhr von  1,1 mg Retinol-Äquivalente = ca. 3700 IE und Stillenden eine Zufuhr von 1,5 mg Retinol-Äquivalente = ca. 5000 IE empfohlen.

 

Sehr hohe Dosen (ab 3 mg Retinol-Äquivalent) an Vitamin A können fruchtschädigend (teratogen) sein, also dem Baby schaden und zu Fehlbildungen führen.

Schwangere Frauen sollten deshalb in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten ihre Tageszufuhr auf maximal 3 mg (das entspricht 10 000 IE) begrenzen.

 

Hohe Konzentrationen an Vitamin A finden sich in Leber (25 mg enthalten bereits mehr als 3 mg Vitamin A) und in Nahrungsergänzungsmitteln mit Vitamin A. Schwangere sollten deshalb auf den Konsum von Leber und Lebertran im ersten Schwangerschaftsdrittel verzichten und nicht selbstständig die Entscheidung treffen Vitamin A in Form von Nahrungsergänzungsmitteln einzunehmen.

 

Eine hohe Zufuhr an natürlichem, pflanzlichem Vitamin A (ß-Carotin) ist jedoch auch im ersten Drittel unschädlich. Es gibt keine Höchstgrenze.

 

Problematischer als natürliches Vitamin A aus tierischen und pflanzlichen Produkten ist die Form des Vitamin A, die als Isotretinoin oder Retinsäure bezeichnet wird und u.a. zur Behandlung von starken Aknen eingesetzt wird. Schwangere Frauen – und auch solche die es werden wollen oder die nicht ausschließen können schwanger zu sein – dürfen auf keinen Fall mit Isotretinoin (Retinsäure) behandelt werden, da sonst Fehlbildungen beim Fötus drohen.

 

Wenn Sie ein Multivitaminpräparat einnehmen, achten Sie darauf, dass die Vitamin A-Mengen nicht zu hoch sind und besprechen Sie mit Ihrem Arzt/ Ihrer Ärztin oder einer Ernährungsberaterin, ob Ihre Ernährung arm an Vitamin A ist und ein Nahrungsergänzungsmittel deshalb sinnvoll ist.

 

Dieser Beitrag soll keinesfalls eine Aufforderung sein, Vitamin A zu meiden.
Im Gegenteil, Ihr Baby braucht Vitamin A für ein gesundes Wachstum und die Ausbildung des Nervensystems – nur mit Nahrungsergänzungsmitteln und Leber im ersten Schwangerschaftsdrittel sollte man sehr vorsichtig umgehen.

 

In der späteren Schwangerschaft ist ein kleines Stück Leber dagegen erlaubt bzw. wünschenswert, denn Leber liefert neben Vitamin A viele weitere Mikronährstoffe.

 

Vitamin A findet sich neben Leber auch in anderen tierischen Produkten wie Eigelb, Butter, Käse und Milch. Auch Fleisch und Fisch enthalten geringe Mengen an Vitamin A. Gute pflanzliche Vitamin A-Quellen sind Karotten, Süßkartoffeln, Kürbis, Grünkohl und Spinat. Wobei deren Aufnahme gesteigert werden kann, wenn Sie das Gemüse zerkleinern, kochen bzw. dämpfen und mit etwas Fett aufnehmen. Bei einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung müssen Frauen keine Bedenken haben, zu wenig Vitamin A aufzunehmen.