In den letzten Jahren hat die Allergiehäufigkeit so stark zugenommen, dass bereits jedes dritte Schulkind und die Hälfte der Jugendlichen in Deutschland eine allergische Erkrankung mit den entsprechenden Beschwerden aufweisen. Als häufigste Krankheitsbilder treten Neurodermitis (atopische Dermatitis), Heuschnupfen (Pollenallergie) und Bronchialasthma auf.

 

Neben Umweltfaktoren spielen auch genetische Faktoren eine Rolle - weltweit sucht man nach den dafür verantwortlichen Genen für die verschiedenen allergischen Erkrankungen. Einflüsse auf das Immunsystem des Säuglings und Kleinkindes sind für ein Allergierisiko mitentscheidend.

 

 

Typische Symptome

Typische allergische Symptome treten an verschiedenen Organen, vorwiegend der Haut,den Atemwege sowie dem Verdauungstrakt auf:

 

  • Juckreiz, Hautausschläge, Ekzem, Quaddelbildung, Rötung
  • Fließschnupfen, Niesattacken
  • juckende Augen
  • Husten
  • Atembeschwerden, Atemnot, Asthma bronchiale (krankhafte Atemgeräusche bei der Ausatmung)
  • Magen-Darm-Problemen (z.B. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Verstopfung, Blähungen, Bauchschmerzen)
  • Selten: Anaphylaktischer Schock (Kreislaufschock bis hin zum Tod in schweren Fällen), Kopfschmerzen, Migräne, Müdigkeit, ADHS (Konzentrationsstörungen)
 

Auslöser verschiedener allergischer Erkrankungen

  • Allergischen Atemwegserkrankungen (Asthma, Heuschnupfen):

Einatmen von allergieerzeugenden Substanzen (Inhalationsallergene), Tierhaaren (besonders Katzenhaaren), Hausstaubmilben, Pollen, Tabakrauch, Lebensmittel, die in enger botanischer/chemischer Verwandtschaft zu den allergieauslösenden Pollen stehen, eingeatmete Chemikalien


  • Neurodermitis (atopische Dermatitis):

Neben psychischen Auslösern (z.B. Stresssituationen) können verschiedene Faktoren eine Rolle spielen (z.B. hormonell oder bakteriell bedingt) sowie das Einatmen von Allergie auslösenden Substanzen (Inhalationsallergene), z.B. Tabakrauch, Pollen und Tierhaare oder der Kontakt mit diesen (Kontaktallergene): Textilien (z.B. Material, giftige Farben),  Schmuck (z.B. Nickel), Kosmetika, Pflege-, Reinigungsmittel,   Lebensmittel, Arzneimittel.

Wenn nicht rechtzeitig etwas unternommen wird, kann eine Allergie ein lebenslanger Begleiter werden, der die Gesundheit und Lebensqualität erheblich beeinträchtigt. Eine sogenannte "Allergie-Karriere" ist vorprogrammiert. Diese kann im Säuglings- oder Kindesalter mit einer Kuhmilchunverträglichkeit oder anderen Nahrungsmittelallergie beginnen. Später kann möglicherweise Neurodermitis, Heuschnupfen oder ein allergisches Asthma bronchiale dazu kommen.

 

Wie eine Allergie entsteht

Bildung von IgE-Antikörpern:

Diese Antikörper werden bei Allergikern gebildet, wenn der Körper bestimmte Fremdstoffe, so genannte Allergene (z.B. Eiweißstoffe (Proteine) aus Lebensmitteln, Blütenpollen, Tierhaaren, Hausstaub, Insektengift) fälschlicherweise als gefährlich für den Körper einstuft. Mit diesem Schritt hat die Sensibilisierung stattgefunden (= Sensibilisierungsphase). Bei Nicht-Allergikern werden diese Stoffe vom Immunsystem als ungefährlich angesehen, d.h. das Immunsystem von Allergikern ist sozusagen fehlprogrammiert und beurteilt eigentlich harmlose Stoffe als gefährlich und baut eine spezifische Immunantwort gegen das Allergen/die Allergene auf.

 

Die IgE-Antikörper heften sich an so genannte Mastzellen (diese gehören zu unserem Immunsystem) im Blut oder im Gewebe. Wird das vermeintlich "gefährliche" Lebensmittel erneut verzehrt oder eingeatmet, reagieren die IgE Antikörper auf den Mastzellen bei sensibilisierten (überempfindlich gewordenen) Menschen  sofort und setzten Botenstoffe (v.a. Histamin) frei, die die typischen allergischen Symptome verursachen.

 

Normalerweise harmlose Stoffe aus der Umwelt können so zu einer Überreaktion des Immunsystems auf körperfremdes Eiweiß führen. Eine allergische Reaktion kann dann durch die Freisetzung des Botenstoffs "Histamin" aus der Mastzelle, sofort oder bis zwei Stunden danach (= Soforttyp-Reaktion), ausgelöst werden. Entzündungsreaktionen an Schleimhäuten, Blutgefäßen, Muskelzellen usw.  mit den oben genannten Symptomen (wie Schwindel, Schwäche, Blutdruckabfall, anaphylaktischer Schock) sind die Folge (= manifeste Allergie). Spättyp-Reaktionen treten innerhalb von 24h auf, z.B. Hautreaktionen bei Kindern mit Neurodermitis.

 

 

 

Faktoren, die zu einer Allergie führen können

Die Ursachen sind bisher noch nicht eindeutig geklärt, aber mehrere Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen:

 

Gene

 

Beobachtungen zeigen, dass Kinder, in deren engstem Familienkreis (Eltern, Geschwister) mindestens ein Mitglied unter einer allergischen Erkrankung leidet, ein erhöhtes Allergierisiko haben.
Ist ein Elternteil allergisch, liegt das familiär bedingte Allergierisiko des Babys bei 30 bis 40%. Hat bereits ein Geschwister allergische Symptome, ist das Risiko bei 25 bis 35%. Haben beide Eltern eine Allergie, steigt die Wahrscheinlichkeit auf 50 bis 80%, und wenn beide Eltern an der gleichen Art von Allergie leiden, liegt das Allergierisiko für das Kind sogar bei 60 bis 80%. Ist kein Elternteil allergisch, besteht immer noch ein Risiko zwischen 20 und 30% eine Allergie zu entwickeln.
Für die drastische Zunahme der Allergien kann der genetische Einfluss aber nicht ausschlaggebend sein.

 

Umwelt

 

Vielmehr scheint der zusätzliche Einfluss der Umweltfaktoren durch den westlichen Lebensstil von Bedeutung zu sein, da Allergien vorwiegend in den Industrienationen auftreten. Eine Erklärung dafür ist die sogenannte „Hygiene-Hypothese“, die im Grunde besagt, dass Kinder zu sauber aufwachsen und der Körper sich nicht mit ausreichend Bakterien und Fremdstoffen, die z.B. im Dreck vorkommen beschäftigen muss. Aufgrund einer „Unterbeschäftigung“ des Immunsystems sucht es sich neue Aufgaben und „verteidigt“ sich gegen eigentlich harmlose Stoffe aus der Umwelt (z.B. Nahrungsmittel, Pollen,…). Diese Hypothese ist nicht vollkommen gesichert, wird aber von Studien unterstützt die zeigen, dass Kinder, die auf Bauernhöfen aufwachsen, 15-mal seltener an Heuschnupfen und Asthma leiden, als Kinder aus nicht-bäuerlichen Familien

Bessere Wärme-Isoliertechniken in schlecht gelüfteten Räumen führen im Gegenzug zu einer erhöhten Feuchtigkeit mit verstärkter Schimmelpilz- und Milbenbelastung, dazu erhöhte Ozon- und Abgaswerte, Tabakrauch, Haustierhaltung (v.a. Katzen), Kosmetika und Pflanzenschutzmittel scheinen die Zunahme von Allergien zu begünstigen.

 

Was tun bei Allergien?

Bei Verdacht auf eine Allergie sollten die folgenden Untersuchungen immer von einem Arzt (z.B. Allergologen, Kinderarzt mit allergologischer Fachausbildung) durchgeführt werden:

 

  • Aufnahme der Krankengeschichte des Patienten, möglichst genau protokolliert. Dabei sollte die familiäre Häufigkeit von Allergien berücksichtig werden.
  • Hauttest (Prick-Test): Verdächtige allergische Substanzen werden in Lösung auf die Haut getropft. Durch den Tropfen hindurch wird mit einer Nadel (Lanzette) die Haut oberflächlich angestochen.
  • Patch-Test (bei Kindern mit Neurodermitis): Spätreaktionen, die erst innerhalb von Stunden oder Tagen auftreten, können besser erfasst werden als mit dem Prick- oder RAST-Test. Dabei werden die Nahrungsmittel mit einem Pflaster in Kontakt gebracht und anschließend auf die Haut, meist am Rücken, aufgebracht. Nach 24 bis 48 Stunden wird geprüft, ob eine positive Reaktion (Bläschenbildung) erfolgt ist.
  • Blutuntersuchung mit IgE-Antikörper-Nachweis (RAST, Radio-Allergo-Sorbent-Test): Mit dieser Untersuchung können Allergieantikörper vom IgE-Typ gegen verschiedene Nahrungsmittel nachgewiesen werden.

Fällt das Testergebnis positiv aus, sollten Maßnahmen ergriffen werden, um den Kontakt mit der allergieauslösenden Substanz zu vermeiden bzw. einzuschränken.

 

 

 

Allergieauslöser "Milben" - Maßnahmen zur Verminderung der Milbenbelastung:

 

Milben finden sich vor allem in: Matratzen, Teppichböden, Vorhängen, Polstermöbeln, Stofftieren, Kinositzen und der Kuschelecke Kindergarten. Mehrere Studien konnten deutlich machen, dass die häufig beschriebenen Schutzmaßnahmen nur wenig bis nichts gegen den Kot der Hausstaubmilben und somit gegen die allergieauslösende Substanz bewirken können. Nur eine Immuntherapie kann hier wirksam helfen (siehe Hyposensibilisierung).
Zur Vervollständigung werden im Folgenden weitere mögliche Maßnahmen bei nachgewiesener Allergie genannt:

 

  • keine Teppiche (wenn nur kurzflorig) und Polstermöbel
  • glatte Böden regelmäßig nass wischen
  • keine Schaffelle oder Federbetten, -kissen (evtl. milbenundurchlässige Matratzenüberzüge)
  • regelmäßiges Wechseln der Bettwäsche
  • häufiges Stoßlüften der Räume
  • wenig Stofftiere, Kissen; am besten waschbar bei 60 °C (oder über Nacht einfrieren)
  • keine zusätzliche Belastung durch Tierhaare

 

 

 

Allergieauslöser "Schimmel" - Verminderung der Schimmelpilzbelastung:

 

  • häufiges Stoßlüften der Räume (Luftfeuchtigkeit zwischen 40 und 60%)
  • Wohnung/Haus auf Stockflecken hin untersuchen (z.B. hinter Schränken, Tapeten, Holzverkleidungen, Kacheln)
  • verschimmelte Lebensmittel/Küchenabfälle vermeiden
  • keine Zimmerpflanzen im Schlafbereich
  • keine Luftbefeuchter an Heizkörper
  • Klimaanlagen regelmäßig reinigen und warten

 

 

Mehr zum Umgang mit Lebensmittelallergien erfahren Sie hier.

 

 

 

Allergieauslöser "Pollen" und "Insektengifte" - Aktivitäten im Freien

 

An Tagen mit sehr starkem Pollenflug sollten die Kinder mit allergischen Erkrankungen nur kurze Zeit im Freien spielen. Informationen über den Pollenflug bieten verschiedene Online-Dienste. 

 

Erzieherinnen und Lehrkräfte sollten immer über bestehende Allergien in Kenntnis gesetzt werden, damit sie entsprechende vorbeugende Maßnahmen treffen können. Kinder mit Insektengiftallergie sollten z.B. nie barfüßig im Freien spielen, sollten keine Lebensmittel, die Bienen oder Wespen besonders anlocken im Freien essen und auch nicht neben Abfallkörben spielen, da sich dort in der Regel sehr viele Wespen tummeln.

 

Urlaub: Für Kinder mit allergischen Atemwegserkrankungen eigenen sich Feriengebiete in Meeresnähe oder in Hochgebirgsgegenden, da hier der Pollenflug nur sehr gering ist. Wird ein Urlaub in einer anderen Gegend geplant, sollte man sich vorher über die Pollenflugverhältnisse am Urlaubsort erkundigen.

 

 

  • Nasendusche: Pollen werden mit Kochsalzlösung aus der Nase gespült.
  • Nach längeren Aufenthalten im Freien vermindert das abendliche Haare waschen die Pollenbelastung im Schlafzimmer.
  • Pollenschutzgitter am Fenster und im Auto
  • Staubsauger mit Feinstaubfilter filtern extrem feine Partikel und allergene Stoffe wie z.B. Pollen, Milben

Rauchen ist schädlich! 

 

Das Rauchen, auch Passivrauchen, fördert Allergien und somit auch allergisches Asthma. Daher sollte in Gegenwart von Kindern, aber auch in der Wohnung/Haus sowie innerhalb von Räumen, auf keinen Fall geraucht werden. Während der Schwangerschaft muss unbedingt auf das Rauchen verzichtet werden.
 
Hautpflege

 

Möglichst wenige Hautpflegeprodukte verwenden. Die verwendeten Produkte sollten mild und hautverträglich sein und keine Duftstoffe, Farbstoffe oder ätherischen Öle enthalten.

 

 

Impfen und Allergien

 

Es gibt keine Belege dafür, dass Impfungen das Allergierisiko erhöhen. Im Gegenteil, es gibt Hinweise darauf, dass Impfen eine allergiepräventive Wirkung hat. Deshalb sollten auch allergiegefährdete Kinder nach den Empfehlungen der STIKO (Ständige Impfkommission) geimpft werden. Hier mehr zu aktuellen Impfempfehlungen.

 

 

Behandlungsmöglichkeiten von Allergien

Allergene vermeiden

 

Bei Lebensmittelallergien oder Kontaktallergien (z.B. Nickel, Kosmetika) kann durch gezieltes Weglassen der kritischen Lebensmittel eine deutliche Verbesserung oder häufig ein Ausbleiben der Symptome bewirkt werden. Bei anderen Allergien, wie z.B. gegen Pollen, Schimmel, Milben sollte ein so genannter Etagenwechsel unbedingt vermieden werden. Von „Etagenwechsel“ spricht man, wenn eine Allergie von den oberen Atemwegen, z.B. vom "Heuschnupfen" zu den unteren Atemwegen, also zum Bronchialasthma übergeht. In vielen Fällen können die Symptome nach entsprechender Behandlung dauerhaft drastisch vermindert werden.

 

 

Therapiemöglichkeiten: Spezifische Immuntherapie = Hyposensibilisierung

 

Subkutane Hyposensibilisierung

 

Als Therapiemöglichkeit bei einer Allergie kann eine Hyposensibilisierung (spezifische Immuntherapie – SIT oder SCIT) ab dem Schulalter helfen. Dabei wird das Immunsystem des Kindes langsam an die vorher ausgetestete Substanz, die eine Allergie auslöst, gewöhnt. Vom behandelnden Arzt/Ärztin wird über mindestens drei Jahre hinweg alle vier Wochen eine Spritze unter die Haut (=subkutan) gegeben. . Das gereinigte Allergen wird in einer speziell hergestellten Lösung in genau berechneter, allmählich steigender Dosierung gespritzt. Um eine schwere allergische Reaktion auszuschließen, erfolgt im Anschluss eine 30-minütige Wartezeit unter ärztlicher Aufsicht. Je nach Art und Schweregrad der Allergie können die Symptome bei immerhin 60 - 90% der Kinder bereits nach einem Jahr deutlich verbessert werden. Bei einigen Kindern und Jugendlichen wird sogar eine langfristige Heilung erzielt. Besonders gute Ergebnisse werden bei Pollen-, Insektengift-, Tierhaar- und Hausstaub-Allergikern erreicht.
 

 

Sublinguale Hyposensibilisierung

 

Als Alternative kann auch die sublinguale Hyposensibilisierung (SLIT) durchgeführt werden. Dabei wird die Lösung mit dem ausgetesteten Allergen täglich unter die Zunge geträufelt, dort kurz belassen und anschließend geschluckt. Für Kinder, die große Angst vor Spritzen haben, ist diese Behandlungsform eine alternative Möglichkeit.

 

Für Allergiker, die auf Gräser und Roggen reagieren, ist inzwischen die Gräser-Impf-Tablette in Deutschland und der EU zugelassen. Die Tablette wird täglich unter die Zunge gelegt und löst sich dort auf. Die Einnahme ist einfacher und die Dosierung gleichmäßiger als die Handhabung der Tropfen, die gezielt unter die Zunge platziert werden müssen.
Neue Studien belegen deutliche Verbesserungen der Heuschnupfen- und Asthmasymptome sowie eine Verminderung der Medikamenteneinnahme nach einer dreijährigen Anwendung der Tablette, schon bei Kindern ab fünf Jahren. Es fehlen jedoch noch Langzeituntersuchungen, die eindeutig bestätigen, dass auch die Einnahme der Tabletten die Entstehung von Asthma langfristig verhindern kann. 

 

 

 

Fragen Sie bei Ihrer Krankenversicherung nach!
In der Regel übernehmen die Krankenkassen die Kosten für eine Hyposensibilisierung.

Mögliche akute medikamentöse Maßnahmen

Bitte sprechen Sie hierüber immer mit dem behandelnden Arzt, bevor Sie Maßnahmen ergreifen!

 

  • Abschwellende Nasentropfen über einen kurzen Zeitraum
  • Antihistaminika (in Tropfenform oder als Tablette): Die Anwendung muss schon einige Stunden bevor die Beschwerden auftreten begonnen werden.
  • Tropfen oder Sprays mit Cromoglicinsäure: Diese sollten ebenfalls schon vorbeugend einige Stunden vorher angewendet werden.
  • Sprays und Tropfen mit Kortison bei sehr starken und ausgeprägten Beschwerden.
  • Asthma: Inhalationssprays mit Kortison