Eine humangenetische Beratung vor einer geplanten Schwangerschaft ist sinnvoll wenn:

  • Sie älter als 35 Jahre sind
  • vererbbare Krankheiten in der Familie aufgetreten sind
  • bereits ein Kind mit genetisch bedingten Störungen (Down-Syndrom, körperliche Fehlbildungen) geboren wurde
  • Sie mehr als drei Fehlgeburten hatten, ohne dass der Arzt eine Ursache fand
  • Sie aufgrund einer chronischen Erkrankung medikamentös behandelt werden müssen
 

Ältere Schwangere

Untersuchungen haben zwar gezeigt, dass bestimmte Komplikationen, wie Frühgeburten, Präeklampsie, oder Plazentastörungen etwas häufiger auftreten können, dennoch besteht aus medizinischer Sicht keine Veranlassung, Frauen allein aufgrund ihres Alters von einer Schwangerschaft abzuraten. 

 

Mit einer guten Schwangerschaftsvorsorge sind diese Risiken beherrschbar. Wichtiger als das Alter ist für einen guten Schwangerschaftsverlauf der Gesundheitszustand der werdenden Mutter. Bei Frauen über 30 Jahren besteht ein leicht erhöhtes, ab 40 Jahren ein stärker erhöhtes Risiko für eine kindliche Chromosomen-Störung, wie z.B. das Down-Syndrom.

Mit Hilfe von Ultraschall- und anderen Screening-Untersuchungen kann ein erhöhtes Risiko für solche Störungen evtl. bereits in der Frühschwangerschaft eingeschätzt bzw. mit einer pränataldiagnostischen Untersuchung (Chorionbiopsie, Amniozentese) eindeutig festgestellt werden. Ausschlaggebend bei der Berechnung ist das Alter der Mutter bei der Geburt des Kindes. Übrigens hat das Alter des Vaters kaum Auswirkungen auf die spätere Gesundheit des Kindes. Lediglich spontane Genmutationen sind leicht erhöht - aber sie sind ohnehin so selten, dass diese Erhöhung vernachlässigbar ist.

 

 

Vererbare Erkrankungen

Darunter fallen zum Beispiel erbliche Stoffwechselstörungen wie:

  • Zystische (Pankreas-)Fibrose, auch Mukoviszidose oder Cystische Fibrose (CF) genannt.
    Hierbei handelt es sich um eine potenziell tödliche Krankheit, die vorwiegend die Lungen und das Verdauungssystem befällt. Obwohl über 65 Prozent der Betroffenen heutzutage bis ins Erwachsenenalter überleben, sind nur wenige vollkommen gesund. Diese Erkrankung kann vorgeburtlich mit einer Chorionzottenbiopsie (CVS) oder einer Amniozentese bei Ihrem Kind untersucht werden.
  • Phenylketonurie (PKU) beruht auf einem Enzymdefekt im Eiweiß-Stoffwechsel, der schon bald nach der Geburt eine deutliche Entwicklungsverzögerung bis hin zum Schwachsinn bewirkt.
    Durch eine Umstellung der Ernährung kann die Erkrankung sehr gut behandelt und eine Hirnschädigung verhindert werden. Eine Untersuchung auf Phenylketonurie wird im Rahmen der pränatalen Diagnostik nicht angeboten, wohl aber beim Neugeborenenscreening.
  • Galaktosämie ist eine erbliche Erkrankung des Kohlenhydrat-Stoffwechsels, bei der der Milchzucker (Galaktose) im Körper nicht abgebaut werden kann. Unbehandelt führt dies zur Schädigung vieler Organe und manchmal zum Tod. Mit entsprechender Diät kann das betroffene Kind jedoch gesund aufwachsen. Auf Galaktosämie wird im Rahmen des Neugeborenenscreenings untersucht.
  • Adrenogenitale Syndrom (AGS) beruht auf einer Störung im Stoffwechsel der Geschlechtshormone und betrifft vor allem Mädchen, die dadurch schon vor der Geburt "vermännlichen". Ist ein familiäres Risiko bekannt, kann eine vorgeburtliche Diagnostik den Enzymdefekt nachweisen und durch Kortisongabe an die werdende Mutter die Veränderung beim Kind verhindert werden. Auf AGS werden alle Neugeborenen routinemässig im Screening untersucht.
  • Duchenne’sche Muskelatrophie ist eine seltene, progressive Muskelkrankheit, von der nur Menschen männlichen Geschlechts betroffen sind, die aber von Frauen vererbt werden kann.
    Der auftretende Muskelschwund hat zunächst eine Gehbehinderung zur Folge, später sind weitere Muskeln betroffen. Die betroffenen Jungen werden selten älter als 15 Jahre. Diese Krankheit kann ebenfalls pränataldiagnostisch erkannt werden.
  • Tay-Sachs-Syndrom ist eine tödliche Stoffwechselstörung, die zu Erblindung, Anfällen und Lähmung führt. Kinder mit dieser Krankheit sterben in der Regel vor dem vierten Lebensjahr. Eine möglicherweise vorhandene Erbanlage kann mit der Blutuntersuchung bei Ihrer ersten Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchung ermittelt werden. Sollten sowohl Sie als auch Ihr Partner Träger sein, kann man pränataldiagnostisch feststellen, ob Ihr Kind betroffen ist.

 

 

Genetische Erkrankungen

Gene bestimmen die Funktion des menschlichen Körpers. Sie bestehen aus DNA (Desoxyribonucleinsäure) und befinden sich auf den Chromosomen im Kern der menschlichen Zellen. Jede Zelle hat normalerweise 46 Chromosomen (23 Chromosomenpaare, ein Paar Geschlechtschromosomen und 22 Paare sogenannter Autosomen). Ist zu wenig bzw. zu viel genetisches Material vorhanden, wirkt sich dies, beginnend bei der Befruchtung und Zellteilung, auf die körperliche und/oder geistige Entwicklung des Kindes aus. Das klassische Beispiel ist das Down-Syndrom, bei dem das Material des Chromosoms Nr. 21 dreifach statt zweifach vorhanden ist.

 

Chromosomen- oder Einzelgenveränderungen haben bestimmte Fehlbildungen oder Erkrankungen zur Folge. Es kann auch vorkommen, dass eine genetische Veränderung unbemerkt bleibt und sich als  genetischer Defekt erst in der nächsten Generation offenbart. In diesem Fall müssen nicht alle Kinder betroffen sein. Die Nachkommen können völlig gesund sein oder wie die Eltern Überträger werden, ohne selbst eine Erkrankung aufzuweisen. Es können sogar veränderte Gene, die bei keinem der beiden Eltern vorhanden waren, ohne Vorwarnung bei einem Kind erstmals auftreten.

 

 

Die humangenetische Beratung

Wenn Sie befürchten, dass Ihr Kind ein erhöhtes Risiko für eine angeborene Erkrankung (z.B. eine körperliche Fehlbildung, eine erbliche Stoffwechselerkrankung oder eine Chromosomenstörung) haben könnte, sollten Sie darüber mit Ihrem Frauenarzt, Ihrer Frauenärztin sprechen, der/die Sie eventuell an eine humangenetische Beratungsstelle überweisen wird. Es ist oft schwer vorauszusagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Fehlbildung oder eine Erbanlage weitervererbt wird. Eine ausführliche humangenetische Beratung kann bei diesen Fragen helfen.

 

Bei einer genetischen Beratung werden Sie nicht nur über Risiken aufgeklärt, sondern auch kompetent über die Möglichkeiten der vorgeburtlichen und nachgeburtlichen Diagnostik informiert. Eine solche wissenschaftlich fundierte Beratung kann Ihnen unbegründete Sorgen nehmen und sie in Ihrem Kinderwunsch bestärken. Sie warnt andererseits auch vor Risiken, z.B. von Medikamenten, und zeigt für das Kind unschädliche Alternativen auf. Ihre Frauenärztin oder Ihr Frauenarzt wird Sie an eine humangenetische Beratungsstelle überweisen, aber Sie können sich auch direkt dorthin wenden.

Humangenetische Beratungsstellen in Deutschland finden Sie hier.