September 2007

Rauchen - das gefährliche Mitgift junger Mädchen

Die Stiftung Kindergesundheit informiert über ein bedeutendes Problem der künftigen Generation von Müttern.

Eigentlich sind die neuesten Statistiken ein Grund zur Freude: Die Zahl der rauchenden Kinder und Jugendlichen ist seit einigen Jahren rückläufig. Der letzten Untersuchung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) zufolge rauchten im Frühjahr 2007 nur noch 17,8 Prozent der männlichen und 17,48 Prozent der weiblichen Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren und damit um rund zehn Prozent weniger als das vor zehn Jahren noch der Fall war.

 

Die erfreuliche Entwicklung ist den verstärkten Vorsorgebemühungen zu verdanken: Rauchverboten und Werbebeschränkungen, Verkaufseinschränkungen wie die Sperrung von Zigarettenautomaten und insbesondere den Erhöhungen der Tabaksteuer.

Soweit so gut, konstatiert die „Stiftung Kindergesundheit“. Sie weist jedoch auf eine bedenkliche Entwicklung hin, die man denselben zwei Zahlen entnehmen kann: Auf die Tatsache nämlich, dass unter den Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren mittlerweile genauso viele Raucherinnen gibt wie unter den Jungen.

Zwar rauchen in der deutschen Erwachsenenbevölkerung nach wie vor deutlich mehr Männer (37 Prozent) als Frauen (28 Prozent), bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben sich die Raucherquoten zwischen den Geschlechtern – bedingt durch einen Zuwachs weiblicher Raucher – jedoch weitgehend angeglichen. In den Altersgruppen der 13- und 14-Jährigen rauchen sogar etwa mehr Mädchen als Jungen.

 

Mädchen stabilisieren das Geschäft der von Rauchverboten bedrohten Zigarettenhersteller und bleiben auch später bei der Stange: Bei den 18- bis 19-Jährigen raucht fast jede zweite Frau, in der Altersgruppe der 20- bis 39-Jährigen sind rund 40 Prozent Raucherinnen.

 

Jede dritte junge Frau lebt also mit dem blauen Dunst – und meist lebt sie noch gut damit: Die gefährlichen Folgen des Rauchens machen sich ja erst im späteren Alter bemerkbar. Obwohl es an diesen Gefahren keinerlei ernstzunehmende Zweifel mehr gibt, werden sie von den jungen Raucherinnen kunstvoll verdrängt, etwa nach Art des passionierten Zigarrenrauchers Winston Churchill, der die einprägsame Formel fand:

„Ein leidenschaftlicher Raucher, der immer wieder liest, welche Gefahr das Rauchen für seine Gesundheit bedeutet, hört in den meisten Fällen auf – zu lesen“.

 

 

Warum tun sie sich das an?

Untersuchungen ergaben: Fast alle jungen Raucherinnen sind sich über die gesundheitlichen Risiken des Rauchens im Klaren.

Warum bleiben sie dann trotzdem dabei? Warum nehmen sie eindeutige Unannehmlichkeiten wie den schlechten Geschmack der Zigaretten, schlechte Haut oder morgendliches Husten in Kauf, warum ertragen sie Magenbeschwerden und schlechten Mundgeschmack, warum setzen sie ihre spätere Gesundheit und sogar die ihrer Kinder aufs Spiel?

 

Für den ersten Griff zur Zigarette gibt es für junge Mädchen viele Gründe: Den Wunsch, endlich erwachsen und selbstbewusst zu wirken, die Lust am Verbotenen, die Suche nach gemeinsamen Erlebnissen und das Vorbild der Erwachsenen. Kinder, in deren Umgebung viel geraucht wird, kommen leicht zu der Überzeugung, dass Rauchen ganz einfach zum Erwachsensein gehört. So ergab die von der BzgA erhobene Drogenaffinitätsstudie: Der stärkste Einflussfaktor darauf, ob ein junges Mädchen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren raucht, ist Rauchen in ihrer Familie.

 

Ein weiterer wichtiger Punkt wird oft übersehen: Rauchen genießt bei Mädchen und jungen Frauen fälschlicherweise den Ruf einer Diäthilfe, als Appetithemmer und Hungerbremse. Um den Traum vom Schlanksein zu verwirklichen, sind viele Mädchen – auch völlig normalgewichtige – bereit, riskante Gewohnheiten anzunehmen. Koste es, was es wolle: Die Deutsche Hauptstelle für Suchtgefahren, Hamm, schätzt den Beitrag der jugendlichen Raucherinnen und Raucher für Tabakwaren auf 2,4 Milliarden Euro.

 

 

Mit Menthol und Zucker zum Rauchen verführt

Die Hersteller von Zigaretten fördern durch raffinierte chemische Veränderungen des Tabaks das suchterzeugende Potential ihrer Erzeugnisse, beklagt Dr. Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum. So wird fast allen Zigaretten Menthol hinzugefügt. Die Inhalation dieser Substanz führt zu einer Verminderung des Schmerz- und Reizempfindens und ermöglicht so den Einsteigern – also den Kindern – ein tieferes Inhalieren des ansonsten schmerzhaften Zigaretten rauchs.

Um den strengen Tabakgeschmack zu überdecken, setzen die Hersteller außerdem in großem Umfang Zucker ein, der zusammen mit Ammoniak karamellisiert wird und dadurch einen weichen Geschmack erzeugt. Damit steigt allerdings auch das Gesundheitsrisiko: Bei der Verbrennung von Zucker entsteht in einer Zigarette eine erhebliche Menge krebserzeugender Acetaldehyde. Durch solche Manipulationen wird ein bereits gefährliches Produkt noch gefährlicher gemacht.

 

Ebenso besorgniserregend ist das seit Jahren sinkende Einstiegsalter für das Rauchen, unterstreicht die Stiftung Kindergesundheit. Viele Mädchen und Jungen fangen schon mit elf oder zwölf Jahren zu rauchen an. Je früher jedoch mit dem Rauchen begonnen wird, desto schwerer fällt das Aufhören und desto ernster sind die späteren gesundheitlichen Folgen. Die Zahl der durch Tabak bedingten Todesfälle liegt zwischen 110 000 bis 140 000. Täglich sterben mehr als 300 Raucher oder Raucherinnen – das entspricht der Passagierzahl in einem vollbesetzten Großraumflugzeug. Drei Viertel aller Raucher sterben an den Folgen des Rauchens. Die Lebenserwartung ist im Schnitt um zehn Jahre verringert. Wer mit 15 zu rauchen beginnt und nie aufhört, verliert im Schnitt 23 Lebensjahre.

 

 

„Sterben wie die Männer...“

„Frauen, die rauchen wie die Männer, werden auch sterben wie die Männer“, warnt die Weltgesundheitsorganisation WHO. Zu den Krebserkrankungen, die in Zusammenhang mit dem Rauchen stehen, zählen Lungen-, Kehlkopf- und Luftröhrenkrebs. Vor 20 Jahren lag der Anteil der an diesen Krankheiten gestorbenen Männer noch fast fünfmal höher als der daran gestorbenen Frauen. Mittlerweile liegt der Vorsprung der Männer nur noch zweieinhalb Mal höher. Während Lungenkrebs im Jahr 1987 erst auf dem 19. Platz der Rangfolge der häufigsten Todesursachen bei Frauen lag, ist er 2005 bereits die achthäufigste Todesursache.

 

Hier weitere Zahlen zu den Risiken des Rauchens speziell für Frauen:

  • Das Sterblichkeitsrisiko starker Raucherinnen liegt insgesamt 2,4mal, für Herz- Kreislauf-Krankheiten 4,5mal höher als für Frauen, die nie geraucht haben.
  • Raucherinnen, die die Pille einnehmen, haben gegenüber Nichtraucherinnen ein deutlich erhöhtes Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden.
  • Raucherinnen haben ein erhöhtes Risiko für Unfruchtbarkeit.
  • Raucherinnen haben gegenüber Nichtraucherinnen ein erhöhtes Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken.
  • Rauchen macht Frauen auch biologisch älter: Raucherinnen kommen im Durchschnitt früher in die Wechseljahre als Nichtraucherinnen.

Viele Frauen lassen sich selbst durch Schwangerschaft und Geburt nicht von ihrer Sucht loslösen. Die Stiftung Kindergesundheit berichtet: „Jede fünfte Frau raucht in der Schwangerschaft weiter. Damit gibt sie ihrem Baby im Übermaß die Schadstoffe weiter, die im Tabakrauch enthalten sind. Die Nikotinkonzentration erreicht im Fruchtwasser, im Mutterkuchen und im Blut des Ungeborenen höhere Werte als im Körper der Mutter! Es geht aber nicht nur um das Nikotin allein: Der Tabakrauch enthält rund 4000 weitere Chemikalien, wie z.B. Ammoniak, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Benzol, Cadmium oder Nitrosamine mit erbgutschädigenden oder krebserregenden Wirkungen.“

 

Gar nicht erst anfangen!

Wer nicht als Jugendlicher mit dem Rauchen beginnt, ist am besten davor geschützt, in späteren Jahren zum Raucher oder zur Raucherin zu werden. Der Anfang dazu ist getan: Viele der Präventivmaßnahmen, die von der Stiftung Kindergesundheit seit Jahren gefordert wurden, sind durch die neuen gesetzlichen Regelungen endlich Wirklichkeit geworden. Es bleibt jedoch noch genug zu tun.

 

So fordert die Stiftung Kindergesundheit:

  • Rauchfreie Kinderspielplätze und Sportanlagen! Die Gifte der Tabakwaren haben dort nichts zu suchen. Die achtlos weggeworfenen Zigarettenkippen stellen eine akute Vergiftungsgefahr für Kinder dar.
  • Intensive Suchtprävention bei Kindern und Jugendlichen auch in der Schule. Die meisten Bundesländer haben bereits eine gesetzliche Regelung für eine rauchfreie Schule unter Einbeziehung des gesamten Schulgeländes. In anderen Bundesländern diskutiert man aber noch darüber. Die Stiftung Kindergesundheit gibt zu bedenken: Schulen müssen auch in punkto Rauchen beispielhaft sein. Es kann nur eine komplett rauchfreie Schule akzeptiert werden.
  • Noch mehr Aufklärung über die Gefahren des Passivrauchens für Kinder. Es muss selbstverständlich werden, in Anwesenheit von indern nicht zu rauchen.
  • Rauchverbot im Auto. Die Schadstoffbelastung ist im Auto auf kleinem Raum besonders hoch. Wenn Kinder im Auto mitfahren, muss das Rauchen untersagt sein. Airbag und Anschnallpflicht, Kindersitz und Handyverbot im Auto sind heute selbstverständlich, da muss sich auch ein Rauchverbot durchsetzen lassen.
  • Bessere Beratungsangebote für Schwangere, Kinder und Jugendliche. Arztpraxen und Kliniken sollten vor, während und nach der Schwangerschaft qualifizierte Beratungsangebote anbieten, um die Gesundheit der Kinder und ihrer Eltern aktiv zu schützen.