April 2015

Warum Impfen nach dem Impfkalender so wichtig ist

Die Stiftung Kindergesundheit betont: Banale Infekte sind kein Grund, Impfungen aufzuschieben

Der Ausbruch an Masernerkrankungen, der zurzeit in einzelnen Teilen Deutschlands zu beobachten ist, zeigt eindrücklich, wie löchrig der Impfschutz gegen die Krankheit ist. In den ersten elf Wochen des Jahres 2015 wurden dem Robert-Koch-Institut 1.096 Masernerkrankungen gemeldet, davon allein in Berlin 697. Dort hat die Krankheit auch ein Todesopfer gefordert: Das Kleinkind hatte zwar im Säuglingsalter die ersten Routineimpfungen erhalten, war aber mit 18 Monaten noch nicht gegen Masern geimpft. Der tragische Fall macht deutlich, wie wichtig die Einhaltung der empfohlenen Impftermine ist, betont die Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Stellungnahme.

 

Masern sind nach wie vor eine gefährliche Infektionskrankheit. Besonders gefährdet sind Babys vor ihrer ersten regulären Impfung. Wenn sie durch ungeimpfte Geschwister oder auch ungeimpfte Erwachsene mit Masern angesteckt werden, kann der Krankheitsverlauf sehr schwer sein und auch dauerhafte Schäden hinterlassen. Masern lassen sich jedoch durch eine Impfung mit großer Sicherheit verhüten, vorausgesetzt, sie wird möglichst frühzeitig vorgenommen.

 

Der Impfplan der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfiehlt die erste MMR-Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln ab dem Alter von 11 Monaten an, die zweite im Alter von 15 und 23 Monaten. Zwischen der ersten und der zweiter Impfung sollte ein Abstand von mindestens einem Monat eingehalten werden. Fehlende MMR-Impfungen können in jedem Alter nachgeholt werden. Bei einem geplanten frühzeitigen Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen, z. B. einer Kita, ist die Impfung schon ab dem Alter von 9 Monaten sinnvoll. Empfehlenswert ist es, die Masernimpfung gleichzeitig mit der Impfung gegen Windpocken zu kombinieren.


Nach Daten des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung erhielten 2008 bis 2010 bundesweit insgesamt 85,8 Prozent der Kinder bis zum Alter von zwei Jahren mindestens eine Masernimpfung, unter ihnen allerdings nur 69,4 Prozent im von der STIKO empfohlenen Zeitraum (9 bis 14 Monate). Damit Masern nicht mehr auftreten und sich nicht mehr ausbreiten können, ist aber eine Impfrate von 95% erforderlich. Noch ungünstiger ist die Situation bei der zweiten Masernimpfung: Hier liegt die Impfquote für Kinder im Alter von zwei Jahren im Bundesdurchschnitt bei nur 62 Prozent. Hinzukommt, dass die Durchimpfung zudem regional sehr unterschiedlich ausfällt. Bayern, Baden-Württemberg, Berlin und Bremen sind die Schlusslichter auf der Ebene der Bundesländer. Vor allem in Gegenden mit niedrigen Impfraten kann es aber auch weiterhin zu Masernausbrüchen kommen.


Dies bedeutet, dass viele Kinder bis zum zweiten Geburtstag noch nicht ausreichend vor Masern geschützt sind. Die zweite Impfung ist jedoch für einen sicheren Schutz gegen Masern wichtig, unterstreicht die Stiftung Kindergesundheit: Sie ist keine so genannte Auffrischimpfung, sondern dient dazu, Impflücken zu schließen, die auf einem ungenügenden Ansprechen auf die erste Impfung beruhen.

Eine zeitgerechte Impfung schützt nicht nur die Kinder selbst vor einer Ansteckung, sondern indirekt auch zum Beispiel kleinere Geschwisterkinder, die noch nicht geimpft werden können. Je mehr Kinder geimpft sind, desto besser ist der so genannte Herdenschutz für alle, die aus Altersgründen oder aufgrund einer Vorerkrankung nicht geimpft werden können.


Auf den Nestschutz ist nicht immer Verlass
Ein Grund für zu spät vorgenommene Impfungen ist die Annahme vieler Eltern, ihr Kind würde durch den so genannten „Nestschutz“, also durch die von der Mutter übertragene „Leihimmunität“ noch längere Zeit nach Geburt vor Infektionen geschützt sein. In der Tat bekommt das Ungeborene in den letzten sechs Schwangerschaftswochen über das Nabelschnurblut größere Mengen von mütterlichen Antikörpern übertragen – d.h. die Mutter „leiht“ ihrem Kind damit einen Teil des Immunschutzes, den sie im Laufe ihres Lebens aufgebaut hat.

Wie stabil dieser Nestschutz ist und wie lange er das Baby nach der Geburt vor Krankheiten bewahrt, hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab, zum  Beispiel

  • von der Art des jeweiligen Erregers,
  • aber auch davon, ob die Mutter ihren Immunschutz durch Infektion oder Impfungen erworben hat. Denn nur Antikörper gegen Krankheiten, die die Mutter selbst durchgemacht hat, oder gegen die sie geimpft worden ist, werden übertragen.

So ist das Baby drei bis fünf Monate gegen Diphtherie und vier bis sechs Monate gegen Tetanus geschützt, aber nur, wenn die Mutter gegen diese Krankheiten geimpft wurde.

Genau anders herum ist es bei Masern und Mumps: Wurde die Mutter geimpft und hatte sie danach keinen Kontakt mit den Erregerviren, hält der Nestschutz nur zwei bis drei bzw. drei bis acht Monate. Machte sie die Krankheiten durch, ist das Baby vor Mumps sechs, vor Masern etwa bis zu elf Monate geschützt.


Auch nach der Keuchhustenimpfung kann die Mutter Antikörper übertragen, die als Nestschutz gegen Ansteckung zumindest in den ersten Lebensmonaten schützen können. In den USA und England wurden deswegen bereits Impfprogramme für schwangere Frauen eingeführt und ein Rückgang der Keuchhustenfälle bei Neugeborenen beobachtet.

Gerade für junge Säuglinge bedeutet eine Keuchhustenerkrankung eine lebensbedrohende Gefahr. Deshalb ist es für Babys besonders wichtig, dass sie möglichst frühzeitig, also ab dem Alter von 2 Monaten zu den empfohlenen Impfterminen gegen die Krankheit geimpft werden.


Impfen auch bei einer Erkältung möglich
Die Durchimpfungsraten sind in Deutschland zwar nicht optimal, aber doch meist hoch genug, so dass es zu einem deutlichen Rückgang an Erkrankungen gekommen ist, die durch Impfungen vermieden werden können. Das größte Problem stellt jedoch die zeitliche Verzögerung der Impfung dar. So wird z.B. gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten mit 3,5,7 und 15 bis 18 Monaten geimpft, statt wie empfohlen mit 2,3,4 und 11 bis 15 Monaten.
An der Tatsache, dass viele Kinder nicht zeitgerecht oder nicht vollständig geimpft werden, sind auch die vielen Infekte schuld, die sie gerade in den ersten zwei Jahren ihres Lebens durchmachen müssen, berichtet die Stiftung Kindergesundheit. Sie werden von ihren Eltern nicht zu den vereinbarten Impfterminen gebracht, weil sie gerade wieder einmal unter Husten und Schnupfen leiden, was besonders in den Wintermonaten häufig der Fall ist.

 

Auch viele Ärzte zögern in solchen Fällen das Kind zeitgerecht zu impfen, aus Sorge, dass eine vermeintlich banale Infektion in Einzelfällen tatsächlich der Beginn einer komplizierten Infektionskrankheit sein könnte. Die dann auftretenden Beschwerden des Babys oder Kleinkindes könnten dann von den Eltern der vorausgegangenen Impfung und damit dem Arzt angelastet werden.

 

Das Hinausschieben anstehender Impfungen kann jedoch dazu führen, dass Kinder trotz der begonnenen Impfserie erkranken. Es ist deshalb dringend nötig, die Grundimmunisierung bei Säuglingen und Kleinkindern frühzeitig zu beginnen, ohne Verzögerungen durchzuführen und zeitgerecht abzuschließen. Gewöhnliche, „banale“ Infektionskrankheiten sind kein Grund, Impfungen aufzuschieben oder auszulassen, betont die Stiftung Kindergesundheit.

Eine Infektionskrankheit darf dann als lediglich „banal“ angesehen werden, wenn folgende drei Punkte erfüllt sind:

  • Das Kind hat kein Fieber oder es bestehen lediglich so genannte subfebrile Körpertemperaturen bis 38,5 Grad oder darunter.
  • Dem Kind geht es gut oder es ist durch den Infekt nur wenig beeinträchtigt, das heißt es trinkt, isst und verhält sich normal.
  • Die Lebensumstände, zum Beispiel der häuslichen Umgebung oder eine vorangegangenen Reise und die Untersuchung des Kindes durch den Arzt sprechen nicht für den Beginn oder das Vorliegen einer schweren Krankheit.

Das bedeutet: Trotz Schnupfen oder Husten kann das Kind ohne Gefahr am geplanten Impftermin geimpft werden. Selbst wenn sich die Erkältungssymptome verschlimmern sollten, sind keine zusätzlichen Schäden durch die Impfung zu erwarten. Die Wirksamkeit der Impfung wird durch den Infekt nicht beeinträchtigt und es sind auch keine verstärkten Nebenwirkungen zu erwarten.

 

Muss eine Impfung aus anderen Gründen dennoch verschoben werden, sollte der Aufschub so gering wie möglich sein, empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit. Bereits nach zwei bis drei Tagen sollte das Kind erneut der Kinderärztin oder dem Kinderarzt vorgestellt werden, damit sie/er die Impffähigkeit des Kindes aufs Neue beurteilen und das Kind termingerecht impfen kann.

Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern sind Impfungen in Deutschland für alle Kinder verfügbar und die Kosten werden hierfür von der Krankenkasse übernommen. Nutzen wir diese Chance der sicheren und wirksamen Prävention gegen schwere Infektionserkrankungen für die jüngsten Mitglieder unserer Gesellschaft! So können diese gesund aufwachsen!

 

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Die Stiftung Kindergesundheit setzt sich durch Forschung und Praxisprojekte für die Vorbeugung von Kinderkrankheiten ein. Gemeinsam mit anerkannten Experten verbessern wir die Chancen aller Kinder, gesund aufzuwachsen und ihre Talente optimal zu entwickeln. Mehr Informationen finden Sie unter: www.kindergesundheit.de

 

 

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